Den zweiten Tag mit Auto wollen wir ins Zentrum der Insel fahren. Wir wollen zum Roque Nublo wandern. Von dort kann man bis nach Teneriffa schauen. Nach der Wanderung wollen wir uns das Dorf Tejeda ansehen, das zu den 35 schönsten Dörfern Spaniens zählt und den Titel „Pueblo bonito“ tragen darf.
Von Puerto de Mogan nehmen wir die GC-200, die zunächst für ein paar Kilometer relativ gerade durch den Barranco Mogan verläuft. Kurz vor Ende des Barrancos biegen wir auf eine kleinere Straße ab, die uns in abenteuerlichen Windungen und Kehren immer höher in das Gebirge von Gran Canaria bringt. Wir haben die Seitenscheiben heruntergekurbelt (ok, nicht gekurbelt, elektrisch heruntergefahren 😉), damit wir an unübersichtlichen Kurven das Hupen des Gegenverkehrs hören. Auch wir hupen kurz, damit eventueller Gegenverkehr weiß, dass jemand kommt. Die Straßen sind so eng, dass man an Ausweichstellen warten muss, bis Entgegenkommende passieren konnten. Es gibt immer wieder Radfahrer, die sich mit ihren Rennrädern den Berg hocharbeiten oder in rasanter Abfahrt hinunterfahren. Tatsächlich hören wir vor einer Kurve Pfiffe und melodiöses Pfeifen – uns kommen mehrere Radfahrer entgegen, die sich so bemerkbar machen.
Immer wieder halten wir an Aussichtspunkten – den Miradores – an und bestaunen die Landschaft und die Straßenführung.
Als wir die erste „Passhöhe“ erreicht haben, taucht hinter einer Kehre ein Stausee auf, die „Presa de las Niñas“. Direkt am See ist ein Campingplatz, auf dem einige Wohnmobile und ein paar Zelte stehen. Hier haben Kletterer ihr Quartier eingerichtet. Wir halten an, steigen aus und laufen hinunter an den Stausee. Wir kommen uns fast vor, als wären wir irgendwo in den Alpen. Die Luft ist kühl und klar, wir müssen unsere Jacken anziehen, das Thermometer des Autos zeigt nur noch 12 Grad Celsius an.
Wir fahren weiter in Richtung Roque Nublo. Je höher wir kommen und je näher wir an unser Ziel kommen, desto ungemütlicher wird es draußen. Die Außentemperatur fällt auf 5 Grad Celsius, es ist neblig trüb und es beginnt zu regnen. Der Roque Nublo macht seinem Namen alle Ehre, der Name bedeutet „Wolkenfels“. Es kommt uns etwas absurd vor: Ca. 1.800m bis 1.900m tiefer brennt die Sonne bei 22 Grad Celsius auf die Dünenlandschaft von Maspalomas und hier oben ist Winter.
Wir entschließen uns, nicht anzuhalten und weiterzufahren. Bei den Bedingungen an den Roque vorzulaufen ist keine gute Idee. Wir haben zwar warme Jacken und lange Hosen an – allerdings nur unsere dünnen Wanderhosen, das würde sicher zu kalt werden. Normalerweise hat man vom Roque Nublo aus einen schönen Blick über die Insel und auf die Nachbarinsel Teneriffa mit dem höchsten Berg Spaniens, dem Teide. Aber auch diese Aussicht bliebe uns heute sicher verwehrt.
Wir fahren direkt nach Tejeda. Obwohl Tejeda nicht weit vom Roque Nublo entfernt liegt, ist es doch knappe 1.000m tiefer und hier scheint die Sonne und der Himmel ist klar. Allerdings geht ein kalter Wind und wir sind sehr froh über unsere Jacken.
Unsere Erwartungen werden nicht enttäuscht, sondern eher noch übertroffen: Tejeda ist wirklich ein wunderschönes Dorf und trägt zu Recht die Auszeichnung „Pueblo bonito“. Das Dorf liegt an einem steilen Berghang und besteht aus wunderschönen ursprünglichen Häusern und einer schönen Kirche, der „Nostra Senhora del Socorro“. Entlang des Berghanges sind Panoramawege gebaut auf denen man sich das Dorf sehr gut anschauen kann.
Tejeda ist auch dafür bekannt, dass hier viele Mandel- und auch Zitrusbäume stehen. Die Mandelblüte (Januar/Februar) haben wir zwar verpasst, dafür sehen wir aber blühende Orangen- und Zitronenbäume und ein Pfirsichtbäumchen in der Blüte.
Wir machen uns auf den Rückweg. Wir nehmen eine Straße, die uns noch am Pico de las Nieves vorbeiführen soll. Wir hoffen, dass wir auch dort eventuell etwas von dem Sonnenschein haben, den wir hier genießen konnten.
Der Pico de las Nieves ist mit 1.949m die zweithöchste Erhebung Gran Canarias. Wir dachten eigentlich, es sei die höchste – allerdings liegt direkt neben dem Gipfel des Pico der Morro de La Agujereada – dieser ist mit 1956m noch einmal sieben Meter höher…
Auf dem Weg dahin fahren wir erneut durch Wolken und Nieselregen. Wir erwarten nicht, dass wir am Pico besseres Wetter haben werden.
Als wir am Aussichtspunkt angekommen sind, stellen wir zwei Dinge fest:
- Der Aussichtspunkt des Pico de las Nieves liegt direkt unterhalb des Morro de Agujereada.
- Direkt über uns ist blauer Himmel – aber um uns herum ziehen Wolken.
Wir bleiben eine Weile auf dem Parkplatz stehen und beobachten, wie die Wolkenfetzen über die Bergkante ziehen. Urplötzlich lockern sich die Wolken auf und wir haben für ein bis zwei Minuten freie Sicht hinunter auf die Küste im Süden der Insel.
Wir warten noch etwas und schauen in Richtung Osten: Tatsächlich lockern sich auch hier die Wolken für einen Moment und wir können sowohl den Teide auf Teneriffa, als auch den Roque Nublo sehen.
Zufrieden, dass wir doch ein bisschen Aussicht genießen konnten, machen wir uns auf den Weg nach Hause. Wir passieren einen Aussichtspunkt auf die „Caldera de los Marteles“, einen Vulkankrater. Dieser Krater wird landwirtschaftlich genutzt. Anders als die Vulkane auf Lanzarote, besteht hier nicht alles nur aus schwarzen oder braunen Lavagesteinen, hier hat sich eine fruchtbare Humusschicht auf die Caldera gelegt. Die Fläche ist somit landwirtschaftlich nutzbar.
Je weiter wir fahren, desto weiter geht es auch wieder hinunter auf Meereshöhe. Langsam aber sicher klettert das Thermometer wieder auf 22 Grad Celsius.
Wir kommen nach einem Tag voller Eindrücken in Puerto de Mogan an. Ich stelle das Auto etwas entfernt vom Hafen auf einen kostenlosen Parkplatz. Den Autoschlüssel kann ich morgen in einem Supermarkt abgeben, der mit unserer Autovermietung kooperiert.
Am Tag darauf machen wir klar Schiff, füllen unsere Wassertanks und putzen Sabir. Wir wollen uns eine Nacht vor den Hafen an den Anker legen, damit wir am Montag, den 7. März früh in Richtung Teneriffa aufbrechen können.
Wir haben am Anker wieder einmal einen schönen Sonnenuntergang, den wir Euch nicht vorenthalten wollen: