Nachdem Sabir am Sonntag, den 26.09.2021 fit für die Überfahrt gemacht, der Windpilot installiert, aufwärmbares Essen vorgekocht und die Route bis zum Passieren des Verkehrstrennungsgebietes vor „Cabo de São Vicente“ abgesteckt ist, klingelt am Montagmorgen um 7 Uhr der Wecker, um die letzten Handgriffe am Schiff zu erledigen.
Peter erklimmt beide Masten, um einen finalen Check diverser Gerätschaften durchzuführen und einige Stellen an der Takelage erneuern, denen Wind und Wetter in letzter Zeit zugesetzt haben. Bei dieser Gelegenheit fällt ihm auf, dass die Besan-Dirk schon bessere Zeiten erlebt hat. Wir entscheiden uns aber, sie erst auf Porto Santo auszutauschen, da wir laut Windprognose fast ausschließlich mit dem Vorsegel fahren werden.
Um besagtes Vorsegel auf unserem Raum- bzw. Vorwindkurs besser trimmen zu können und bei Windrichtungswechseln oder Wellenschlag ein „Killen“ des Segels zu vermeiden, bereiten wir den Spi-Baum vor, der sich zwar schon lange an Bord von Sabir befindet, aber noch nie zu Einsatz kam. Mit dessen Hilfe wird das Vorsegel „ausgebaumt“ und steht so besser im Wind.
Als gegen 10:30 Uhr alle geplanten Tätigkeiten abgeschlossen sind, lichten wir den Anker in der Bucht von Portimão und steuern Sabir in die gegenüberliegende Marina, um die Wassertanks aufzufüllen. Routiniert machen wir am Steg fest, bunkern Wasser und verlassen die Marina wieder mit Kurs auf den Atlantik.
Für Claudia und mich beginnt hiermit der längste Schlag unserer bisherigen Segelkarriere: Noch nie waren wir weiter vom Land entfernt, noch nie hatten wir 3.000 und mehr Meter Wasser unter dem Kiel, noch nie hatten wir einen Wachplan zu befolgen oder waren so lange am Stück tatsächlich unter Segeln unterwegs.
Durch die gute Vorbereitung, traumhaft sonnig-warmes Wetter und einen sich sehr schnell eingestellten Crew-Gedanken verließen wir voller Vorfreude die Bucht von Portimão und setzten die Segel mit Kurs auf den östlichsten Punkt des Verkehrstrennungsgebietes, das wir keinesfalls durchqueren wollten. Da noch nicht der vorhergesagte Nordostwind wehte, setzen wir Vor- und Großsegel und fuhren auf Halbwindkurs unserem ersten Wegpunkt entgegen.
Kurz vor 14:00 Uhr wurde es plötzlich aufregend, denn eine große Schule Delfine fand sich direkt an unserem Schiff ein – es waren geschätzt 20 bis 30 Tiere in unterschiedlichsten Größen – die uns über eine Stunde lang begleitete. Es ist unglaublich, wieviel Verzückung und Respekt so eine Begegnung erzeugt und auch nach recht langer Zeit nicht an Reiz verliert. Wir drei waren jedenfalls völlig gebannt und als der unverhoffte Besuch genauso schnell verschwand, wie er gekommen war, machte sich eine zufriedene und glückliche Stimmung breit.
Als am Nachmittag der Wind wie vorhergesagt drehte und uns ermöglichte, auf den geplanten Vorwindkurs zu gehen, nahmen wir den Spi-Baum in Betrieb, holten das Großsegel ein, passten den Windpiloten auf den neuen Kurs zum Wind an und ließen Sabir gemütlich-schaukelnd ihren Weg durch die noch kleinen Wellen fahren. Abends gab es den vorbereiteten Schmortopf, der allen ganz wunderbar schmeckte und um 22:00 Uhr trat ich meine erste Nachtwache an, die ohne besondere Vorkommnisse verlief.
Nun waren wir unterwegs. Das Land am Horizont wurde kleiner, die Wellen höher, der Wind stärker und die Spannung, was uns noch erwarten würde, stieg weiter an.