Timanfaya

so heißt der Nationalpark den wir heute anschauen möchten.

Auch heute bereiten wir uns ein Vesper vor, das wir mitnehmen.

Im Auto läuft Musik der 80er Jahre und wir gröhlen (singen klingt anders) „Der goldene Reiter“, „Major Tom“, „Ich will Spaß“, „Fred vom Jupiter“, „Die pure Lust am Leben“ und ähnliches mit.

Unsere Route haben wir uns heute so gelegt, dass wir zuerst die „Cueva de los Verdes“ und anschließend das Wohnhaus von César Manrique anschauen. Zum Abschluss soll es dann in den Nationalpark gehen und wenn dann die Zeit noch reicht, würden wir uns gerne noch die Lavabomben anschauen.

Die Cueva de los Verdes ist eine Lavaröhre, die sich im Nordosten von Lanzarote befindet. Sie ist etwa 3000 Jahre alt und durch den Ausbruch des Vulkans „La Corona“ entstanden. Peter hat ja schon gestern von Jameos del Aqua berichtet: Die Cueva de los Verdes ist ein Stück des selben Lavatunnels. “Jameo“ ist übrigens das kanarische Wort für “Hohlraum“.

Die Länge des gesamten Höhlensystems beträgt 7 km. Es beginnt direkt am Vulkan und endet an der Küste unterhalb des Meeresspiegels. Nur ein kleiner Teil davon wurde für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Aus Sicherheitsgründen darf man nur mit einer geführten Tour, die etwa 45 Minuten dauert, durch die Höhlen laufen.

Wir bewundern die verschiedenen Farbtöne – ocker, grün, grau, schwarz und blau – die durch die künstliche Beleuchtung sehr mystisch wirken. Die Lichtinstallationen wurden von César Manrique und Jesús Soto – ebenfalls einem kanarischer Künstler – sehr stimmungsvoll angebracht, so dass die Lichter die unterschiedlichen Formen und Fließ-Richtungen der Lava besonders gut zur Geltung bringen.

In der Bildergalerie seht Ihr ein paar Eindrücke aus der Höhle (zum Blättern: Vorwärts oder rückwärts wischen oder auf die Pfeile klicken):

Es ranken sich verschiedene Geschichten um die Höhlen. Eine besagt, dass die Familie Verde dort vor Piratenangriffen Schutz suchte. Das “verde“ hat nichts mit der Farbe „grün“ zu tun.

In einem Teil des Tunnels findet sich ein Konzertsaal, in dem 300 Personen Platz finden und der durch seine Akkustik besticht. Durch die unregelmäßige Struktur der Decke und der Wände gibt es in der Höhle kein Echo.

Am Ende der Tour erleben wir in einer der Galerien noch einen spektakulären Anblick. Um was es sich dabei handelt soll jetzt aber hier nicht verraten werden. Wer schon mal hier war, weiß wovon wir erzählen, für alle anderen soll es eine Überraschung bleiben (wer es dennoch gerne wissen möchte: Schreib uns an!).

Nach einer Dreiviertelstunde in 40 m Tiefe sind wir beeindruckt ob dieses Naturschauspiels und würden am liebsten noch bleiben und das Erlebte verdauen.

Da wir aber heute ein strenges Programm haben (Touristen halt) geht’s auch schon gleich weiter zu unserem nächsten Stopp, dem Wohnhaus von César Manrique.

Das Wohnhaus von César Manrique befindet sich ebenfalls im Norden der Insel, inmitten eines Palmenhains in der Gemeinde Haria. Das Anwesen hatte Manrique in den 70er Jahren erworben. 1986 hat er begonnen, aus den Ruinen des sich darauf befindlichen Bauernhauses, sein Wohnhaus zu errichten. Es blieb bis 1992, dem Jahr in dem er durch einen Autounfall verstarb, sein Wohnort.

Gleich am Eingang des Museums werden wir darauf hingewiesen, dass wir nur im Außenbereich fotografieren dürfen. Das finden wir zunächst sehr schade, haben aber Verständnis dafür, da wir uns ja in seinen Privaträumen bewegen. Wir fühlen uns sofort wohl in dieser Umgebung. Es ist alles sehr liebevoll eingerichtet, die Verbindung zur Natur, die er so sehr liebte, ist auch hier überall zu spüren und zu sehen. Egal welchen Wohnraum wir betreten und uns anschauen, ist die Person, die hier gelebt hat, präsent. Es würde uns nicht wundern, wenn Manrique plötzlich um die Ecke kommen würde.

In einem weiteren Gebäude, auf der anderen Seite des großen Gartens, liegt sein Atelier, das ebenso für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Auch hier spürt man noch die Gegenwart des Künstlers. Man hat auch hier das Gefühl, als hätte er erst gestern seinen Pinsel aus der Hand gelegt.

Der Garten selbst ist ein Palmenhain, in dem die Bäume dicht an dicht stehen. In vorderen Teil des Gartens steht ein SEAT Ibiza, dessen Lackierung von Manrique gestaltet wurde (in seinem Atelier haben wir auch das Model eines von ihm gestalteten 7er BMWs gesehen).

Hier ein paar Fotos, die wir auf dem Gelände machen durften (wischen oder klicken zum weiter blättern):

Tief beeindruckt und auch ein bisschen traurig, dass dieser tolle Künstler schon gestorben ist, nehmen wir Abschied und machen uns auf den Weg zum Nationalpark Timanfaya.

Dorthin geht es durch eine unwirkliche, eigenwillige, fremdartige, bizarre, atemberaubende, einzigartige Landschaft. Wir fahren durch schwarze Lavafelder so weit das Auge reicht. Es gibt keine Grünflächen, keine Bäume, nur Felder mit scharfkantigen Lavabrocken. Hier spüren wir schon das unheimliche und zugleich faszinierende dieser Landschaft. Die Naturgewalt ist hier allgegenwärtig und man sieht überall die eindrücklichen Beweise für die Vulkanausbrüche. Es ist faszinierend zu sehen was die Lava hier für Bilder in die Landschaft gezeichnet und einmalige Naturlandschaften geschaffen hat. Hinter jeder Kurve bietet sich ein neuer Anblick dieser schon schmerzhaft anmutenden Landschaft. Je nach Sonneneinstrahlung leuchten die Berge in den unterschiedlichsten Rottönen von orange bis rostig rot.

An einem Häuschen zum Eingang des Nationalparkes zeigen wir unsere Eintrittskarten und dürfen dann bis zum Parkplatz fahren. Hier werden wir gleich von einem freundlichen Mitarbeiter darauf aufmerksam gemacht, dass in etwa fünf Minuten eine Bustour starten wird, die uns zu den „Montañas del Fuego“, den Feuerbergen, bringen wird. Dieses Gebiet der Feuerberge kann nämlich nur durch eine Bustour erkundet werden. Die Tour ist 14 Kilometer lang und schlängelt sich durch die Landschaft. Von Jesús Soto wurde die Tour durch die Feuerberge so gelegt, dass alle Highlights, die diese Gegend zu bieten hat, gut zu erkennen sind. Wir sind nicht nur von der Landschaft tief beeindruckt, sondern auch von dem Busfahrer, der seinen Bus gekonnt auf der waghalsigen Strecke lenkt. An besonders spektakulären Stellen hält der Bus an, so dass man die Landschaft auf sich wirken lassen und/oder Fotos machen kann. Hinter jeder Kurve bietet sich uns ein anderer Anblick. Mal sieht man große Höhlen und Krater, mal scheint die Landschaft schroff mit skurrilen Skulpturen, dann wieder erkennt man „nur“ feinen Kiesel. Wir sind bleibend beeindruckt.

Hier ein paar Bilder, die, durch die Busscheibe aufgenommen, etwas verfälschte Farben haben und nicht ganz so eindrucksvoll rüber kommen (klicken/wischen):

Während der Fahrt lernen wir, dass während des großen Ausbruchs hier 32 neue Krater entstanden sind. Die Schilderungen die wir hören, basieren auf Schriften von einem Augenzeugen, Don Andrés Lorenzo Curbelo, dem Pfarrer von Yaiza. Er beschreibt es so:

Erde, die sich öffnet, Berge, die Feuer speien, Lava, die wie Honig fließt. Am 01.09.1730, zwischen 9 und 10 Uhr abends, öffnete sich plötzlich die Erde bei Timanfaya. Ein gewaltiger Berg bildete sich bereits in der ersten Nacht, und Flammen schossen aus seinem Gipfel, die 19 Tage lang weiter brannten. Wenige Tage später brach ein neuer Schlund auf. Unter gewaltigem Getöse mit betäubendem Lärm tat sich die Erde an mehreren Stellen auf und spuckte stinkende Asche und Feuersglut in den Himmel. Die Sonne verdunkelte sich für lange Zeit und es regnete giftige Asche und glühende Lavabrocken.

Don Andrés Lorenzo Curbelo, Pfarrer von Yaiza

Die Menschen, die es damals schaffen konnten, flohen mit Booten auf andere Inseln. Der große Ausbruch war zwischen 1730 und 1736 und dauerte also 6 Jahre lang. Erst danach beruhigte sich die Insel wieder. Nichts ist mehr übrig von der einst fruchtbarsten Region der Insel, in der Dörfer standen, die Bauern Kühe weideten und dank des milden Klimas reiche Ernte einfuhren. Heute sieht man hier die größten zusammenhängenden Lavafelder mit ca. 200 Quadratkilometer Fläche. Die Felder aus Lavagestein sehen aus, als wäre der Ausbruch gerade erst gewesen.

Der letzte Vulkanausbruch auf Lanzarote war übrigens im Jahre 1824.

Nach der Bustour schauen wir uns das Restaurant „El Diablo“ an. Das Restaurant wurde zu Ehren des Eremiten Hilario errichtet. Hilario wohnte anscheinend jahrelang im Nationalpark mit seinem Dromedar. Er hat dort, laut der Geschichte, einen Feigenbaum gepflanzt, der aber nie Früchte trug. Das Restaurant wurde von César Manrique entworfen. Es hat, wie so viele seiner Gebäude eine große Glasfront, ist rund angeordnet und schmiegt sich sehr schön in die Landschaft ein.

Im vorderen Teil des Restaurants befindet sich ein großer Vulkanschlund, darüber ist ein Grill. Hier werden Hähnchen, die im Restaurant El Diablo zum Verzehr angeboten werden, frisch zubereitet.

Vor dem Restaurant zeigen Mitarbeiter spektakuläre Shows.

In einem Erdloch legt eine Mitarbeiterin Zweige von Reisig hinein. Es ist sehr eindrucksvoll zu beobachten wie nach kurzer Zeit das Gebüsch anfängt an zu brennen.

Ein anderer Mitarbeiter kippt in Rohre, die in den Boden eingelassen sind, einen Eimer mit Wasser. Durch die große Hitze im Inneren entsteht eine Fontäne aus Wasserdampf. Das eingegossene Wasser schießt explosionsartig nach oben. Anscheinend reichen die Rohre 6m tief, hier herrscht noch eine Temperatur von 400 Grad Celsius.

Inzwischen haben wir Hunger und überlegen uns, ob wir – bzw. Peter – ein Hähnchen vom Grill, die übrigens sehr lecker riechen und uns beiden dass Wasser im Mund zusammenlaufen lassen, essen. Nachdem wir allerdings den Preis von 14€ erfahren, der uns nun doch etwas übertrieben erscheint, essen wir doch lieber unser Vesper.

Wir sitzen im Auto und lassen uns Brot, Eier, Gemüse und Obst schmecken. Inzwischen ist es schon fast halb fünf und wir entscheiden uns während des Essens, dass wir uns auf jeden Fall auch noch die Lavabomben anschauen möchten.

Auf dem Weg dorthin machen wir noch einen kurzen Stopp in dem Dörfchen Tinajo. Hier steht ein schmuckes Kirchlein, das uns schon bei der Hinfahrt aufgefallen ist. Es liegt an einem großen Platz. Durch den Kontrast von weißem Putz und den schwarzen Lavasteinen sticht es besonders heraus.

Die Bewohner des Dörfchens haben im 18. Jahrhundert bei dem großen Vulkanausbruch gelobt, diese Kapelle zu bauen, wenn sie von den Lavamassen verschont blieben. Der Altar zeigt die schwarze Madonna, die von den verzweifelten Einwohnern des Dorfes, beim großen Ausbruch von 1730 bis 1736, in einer Bittprozession der Lava entgegen getragen wurde. Die Legende besagt, dass dadurch die Lavaströme kurz vor den ersten Häusern des Dorfes anhielt und es so vor weiterer Zerstörung bewahrte.

Unsere Recherchen im Netz ergeben, dass hier alljährlich im September eine Prozession gefeiert wird. Hier kommen Gruppen aus allen Ortschaften der Insel zu Fuß zusammen. Sie kommen mit Eselskarren, Traktoren und Kamelen. Mit viel Tanz in Trachten und Musik wird die Marienstatue geehrt. Man merkt wohl bei dem Besuch, dass es ein wichtiges Datum der lokalen Bevölkerung ist.

Direkt neben der Kirche ist die erstarrte Lava zu sehen.

Weiter geht’s für uns nun zum Montaña Colorada und den Lavabomben. Der Berg hat seinen Namen von der Farbe an den östlichen und südlichen Hängen. Wir laufen unterhalb des Montaña Colorada durch eine atemberaubende Landschaft. Immer wieder sehen wir kleine und größere Lavabomben. Die größte ist so riesig, dass wir es uns keinesfalls vorstellen können, dass sie beim letzten Vulkanausbruch 3 Kilometer weit geflogen ist.

Wir sehen kleine Pflänzchen, die wie bei der typischen Anbauweise von Lanzarote, durch Steine geschützt sind. Wir vermuten, dass „Spaziergänger“ (Vorsicht: Dieses Wort ist ja inzwischen negativ behaftet…) die Pflänzchen durch die Steine geschützt haben. Wir suchen uns ebenfalls ein zartes Pflänzchen und schützen es durch Steine, die wir rundherum aufstellen. Wir hoffen, dass es gut wächst und gedeiht in dieser unwirtlichen Landschaft.

Wir umrunden den Montaña und belesen uns auf den vielen Schautafeln, die entlang des Weges aufgestellt sind, und lernen viel über die Vulkanausbrüche und die Landschaft von Lanzarote.

Fast pünktlich zum Sonnenuntergang kommen wir wieder am Parkplatz an. Wir überlegen uns, ob wir gleich zurück fahren wollen, entscheiden uns dann aber dafür, den Sonnenuntergang noch abzuwarten und werden hierfür aufs Beste belohnt.

Zurück auf unserem schwimmenden Hause, sind wir gespannt auf morgen, da wollen wir uns El Golfo und Los Hervideros anschauen.

2 Antworten auf „Timanfaya“

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