Zwei Höhlen und die Serra de Santa Barbara

Mit der Crew der Leonie haben wir uns – wie schon auf Santa Maria – für die nächsten zwei Tage ein Leihauto geteilt. Leonie erkundet am Morgen die Insel, wir übernehmen den Kleinwagen am frühen Nachmittag. Morgen wird es anders rum sein.

Peter sucht uns eine schöne Route aus und so starten wir mit dem kleinen Smart auf Entdeckungstour. Zunächst soll es zur „Gruta do Natal“ gehen. Für diese haben wir Eintrittskarten von der Crew der Sancara geschenkt bekommen, da sie von den beiden nicht genutzt werden konnten, solange sie hier auf der Insel waren. An dieser Stelle nochmal „Danke“ dafür.

Die Gruta do Natal liegt im westlichen Teil des Inselinneren. Dorthin geht es auf Straßen die – nein, es wird mir nicht langweilig es zu erwähnen – von Hortensienhecken, soweit das Auge reicht, gesäumt werden.

Direkt vor dem Eingang zur Höhle liegt der kleine „Lagoa da Negro“. Wir laufen zuerst über weiches, dickes Gras zu dem kleinen See hinunter und werden von einem Frosch- und Vogelkonzert empfangen. Dann drängt es Peter in die Höhle. Ich überlege mir noch ob ich mit reinkomme.

Am Eingang werden wir freundlich begrüßt. Wir erfahren alles wissenswerte über die Höhle und dass es eine ungeführte Tour ist. Dann werden wir mit Einmalhäubchen und stabilen weißen Helmen ausgestattet. Mir wird es schon ein bisschen mulmig zumute, denn die Dame vom Eingang erklärte uns, dass der zweite Teil ein Einbahnrundweg sei, sprich, man kann nicht mehr umdrehen.

Ich schaue mir den ersten Teil der Höhle mit an. Es geht etwa 700 m über unebenes Gelände. Am Ende steht der sogenannte Weihnachtsalter. Hier wird immer die Weihnachtsmesse gehalten. Beim zweiten Teil steige ich dann aus, denn ich sehe am Ende des Weges andere Besucher auf Knien kriechen. Das machen meine mürben Knie nicht mehr mit, deshalb gehe ich zurück zum Ausgang. Peter schaut sich den Rest der Höhle alleine an.

Ich schaue mir derweil die Landschaft an und sauge das Vogelgezwitscher und das Grün in mir auf.

Peter kommt zurück und erzählt mir:

„Die Höhle war auch im weiteren Verlauf nicht weiter beeindruckend, sie wurde etwas enger und winkeliger, aber es gab keine schönen Strukturen zu sehen.“

Unser zweiter Stopp heute sollen die „Furnas do Enxfore“ sein. Hier soll es einen kurzen Rundweg durch dampfende Schwefelquellen geben.

Der Weg ist sehr schön angelegt und leicht begehbar. Auf schmalen Wegen kommen wir immer wieder an Stellen vorbei, wo wir schon von weitem den Schwefelgeruch riechen. Wir genießen, abgesehen von dem impertinenten Schwefelgeruch, die Stille der Natur, das Gezwitscher der Vögel und die schönen Blicke auf das Inselinnere.

„Algar do Carvão“ ist unser nächster Stopp und die zweite Höhle für heute. Die Höhle ist mehr als 2000 Jahre alt. Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich mitkommen werde. Enge niedrige Gänge sind nicht so mein Fall. Wir erfahren am Eingang, dass auch hier diese Höhle auf eigene Faust erkundet werden kann, dass sie leicht begehbar ist und man nirgends auf allen vieren krabbeln muss. Die 338 Stufen sind die einzige Herausforderung. Das klingt für mich so, als dass ich es bewältigen könnte und wir lösen zwei Tickets.

Zunächst geht es durch einen künstlich angelegten Tunnel. Am Ende des Tunnels betreten wir die eigentliche Höhle. Über uns sehen wir eine Öffnung, die nach außen eine Breite von 15-20 Meter hat. Weiter geht es ca. 45 Meter, über Stufen, in die Tiefe. Aus unserem Reiseführer wissen wir, dass es sich hier um einen Vulkanschlot handelt. Wir sind zutiefst von dieser Naturschönheit beeindruckt. Es herrscht hier im Inneren eine sehr hohe Luftfeuchtigkeit und von der Decke tropft Wasser.

Wir werden an der ersten „Aussichtsplattform“ von zwei freundlichen Damen begrüßt und gebeten zuerst in Richtung des Sees zu laufen. Danach auf dem selben Weg zurück und als nächstes hoch in die Empore zu gehen. So machen wir das. Zum See geht es nochmal über Stufen nach unten. Der See wird durch Regenwasser gespeist.

Wir halten uns hier ein bisschen auf, machen Bilder und sind sprachlos ob dieser Schönheit.

Anschließend erklimmen wir wieder die Stufen zurück zu den Damen und gehen weiter zur Empore. Auch hier stehen wir ehrfürchtig und staunen.

Dann gehts zurück zu unserem kleinen schwarzen Flitzer und wir fahren weiter zum Aussichtspunkt „Serra de Santa Barbara“. Dorthin geht es durch schöne Landschaft. Es schaut aus wie in Schottland. Die Viehweiden sind durch Steinmauern begrenzt. Überall blüht es, wir kommen an – hatte ich das schon erwähnt? – kilometerlangen Hortensienhecken vorbei und schließlich geht es noch durch einen Nadelwald.

Oben angekommen, haben wir einen wunderschönen Blick auf Angra und auf den Monte Brazil. Die Inseln Pico und São Jorge verstecken sich hinter den Wolken. Wir genießen den Blick von hier oben und machen ein paar schöne Bilder, bevor sich die Wolkendecke vor die Linse schiebt.

Zum Abschluss fahren wir zum „Ponta do Queimado“. Das ist der Aussichtspunkt, den wir uns für den Sonnenuntergang auserkoren haben. Peter bringt unseren kleinen schwarzen Flitzer in Pole Position. Von hier aus können wir die Nachbarinseln São Jorge und Pico sehen.

Wir stellen fest, dass wir noch zwei Stunden Zeit haben, bis die Sonne untergeht. Zunächst vergnügen wir uns damit zu schauen, ob wir irgendwo Wale sehen können. Dies ist von hier anscheinend möglich. Wir bilden uns ein, immer wieder mal Wale zu sehen – doch beim Heranzoomen mit dem Foto stellt es sich jeweils als ein Fischerboot oder eine Welle heraus.

Dann laufen wir noch ein Stückchen um die Wegbiegung. Von dort hat man einen schönen Blick auf die Steilküste. Dort steht auch eine Gruppe von Männern, die ihre Angeln ausgeworfen haben.

Als wir die Treppe zum Aussichtspunkt hoch gehen, bemerken wir, wie Unruhe in die Angler kommt. Wir sehen, wie einer hektisch nach einem Messer greift. Zuerst dachte ich, jetzt werden wir gleich Augenzeuge von einem großen Fang. Da ich so etwas nicht gerne sehe, möchte ich weitergehen. Der Angler schneidet mit dem Messer zuerst seine und dann die Leine eines anderen Anglers durch. Laute, unfreundliche Worte werden gesprochen und plötzlich geht der eine Angler auf den anderen los, nimmt ihn in den Schwitzkasten, wirft ihn auf den Boden und schlägt auf ihn ein. Wir trauen unseren Augen nicht, was wir da sehen und hören. Wir entscheiden uns nun doch nicht weiterzugehen, sondern umzudrehen. Falls die Sache noch weiter eskaliert, wollen wir da nicht unbedingt hineingezogen werden. Aus sicherer Entfernung sehen wir, dass die anderen Angler, die noch dabei standen, schnell deeskalieren konnten. Wir hätten notfalls auch die Polizei gerufen. Offenbar haben sich die Angelschnüre der beiden verheddert und der „Angreifer“ musste seinen sicheren Fang aufgeben…

Wir gehen nochmal vorsichtig an den Anglern vorbei, die Stufen nach oben, von wo wir einen schönen Blick auf die Steilküste haben.

Als wir zum Auto zurückkommen, hören wir laute Motorengeräusche und Gekreische von Mädchen. Wir sehen junge Männer mit Motorrädern, die hier den Mädchen mit ihren „schweren Maschinen“ imponieren wollen und wir sehen wie sich die Mädels auf den Maschinen räkeln. Wir grinsen uns an und stellen fest: überall das Gleiche… Wir vermuten, dass sich der Platz hier sehr gut für die einheimischen Jugendlichen für ihre Romanzen eignet.

Wir sind zwar auch noch sehr verliebt und romantisch, möchten jedoch eher unsere Ruhe und ziehen deshalb weiter.

Wir fahren zum „Ponta do Raminho“. Der Platz ist nicht so schön abgelegen. Dennoch haben wir von hier auch einen guten Blick auf die, sich schon langsam verabschiedende, Sonne.

Einheimische machen kurz Halt und fahren dann gleich wieder weiter. Ein Mann jedoch spricht uns auf Portugiesisch an und erzählt uns, dass er nach seinem Grundstück schaut, welches von hier oben zu sehen ist. Er fragt uns, wo wir her sind und wünscht uns schöne Ferien. Uns wird mal wieder sehr bewusst, was für ein Glück wir haben, dass wir nicht nur in den Ferien hier sind, sondern uns zum Erkunden der Insel Zeit lassen können und nicht von einem Highlight zum nächsten hetzen müssen.

Von hier sieht man auch die Nachbarinsel Graciosa. Peter vermutet schon, dass die Sonne möglicherweise genau hinter Graciosa verschwinden könnte. Wir warten geduldig den Lauf der Sonne ab. Tatsächlich war es so, dass sie glutrot hinter Graciosa abgetaucht ist. Macht aber nichts, war trotzdem schön!

Wir haben noch etwa eine halbe Stunde Weg vor uns, bis wir zurück auf Sabir sind. Wir stellen fest, dass wir schon seit längerer Zeit nicht mehr bei Nacht Auto gefahren sind. Wir hatten die letzten Monate mehr Nachfahrten mit dem Schiff, als mit dem Auto.

Schön war’s!

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