Plantação de Ananás dos Açores

Hier auf São Miguel wächst die „Smooth Cayenne“, die „beste Ananas der Welt“. Von unserem Reiseführer wissen wir, dass man die Gewächshäuser besichtigen kann und dass es am Ende eine Verkostung von Ananasprodukten geben wird. Das wollen wir uns auf jeden Fall mal anschauen und wenn möglich natürlich auch kosten. Wir besprechen uns mit unseren Stegnachbarn. Die Crew der Sancara wird mitkommen, die Crew der Leonie möchte schon früher los, aber vielleicht treffen wir uns ja noch auf der Plantage. Der Plan ist, dass wir uns dort nach der Besichtigung einen Kaffee und vielleicht einen leckeren Ananaskuchen schmecken lassen. Die Azoren Pineapple Plantation ist von der Marina 2,2 Kilometer entfernt, das schaffen wir gut zu Fuß.

Wir kommen nach einer kappen halben Stunde an der Plantage an und melden uns bei der freundlichen Dame, die in einem Häuschen am Eingang sitzt. Von ihr erfahren wir, dass wir keinen Eintritt bezahlen müssen, die Besichtigung sei kostenlos. Sie erklärt uns, dass sich in den Gewächshäusern QR-Codes befinden. Beim Einlesen dieser Codes erfährt man die wichtigsten Details.

Im ersten Gewächshaus sehen wir die „Smooth Cayenne“ in Reih und Glied stehen. Was für ein wunderschöner Anblick. Für Besucher waren nur zwei der insgesamt mehr als 20 Gewächshäuser geöffnet. Am Ende der Besichtigung waren auf einem Tisch noch Ananas in den verschiedenen Wachstumsstadien ausgestellt.

Etwa 40 Minuten benötigen wir für die Besichtigung und wir freuen uns nun auf die Verköstigung in der Cafeteria. Nachdem wir die ganze Zeit konditioniert wurden und so oft „die beste Ananas der Welt“ gehört und gelesen haben, läuft uns quasi schon das Wasser im Munde zusammen. Kaum, dass wir in der Cafeteria Platz genommen haben, kommt ein netter Mitarbeiter und bringt für jeden von uns einen kleinen Zwieback mit Ananasmarmelade und ein Gläschen mit Ananaslikör. Es mundet uns beides sehr gut.

Doch eigentlich freuen wir uns jetzt auf einen Kaffee und einen Kuchen. Einen Kuchen können wir auf der Speisekarte nicht ausmachen und irgendwie stört uns auch die Geräuschkulisse in der Cafeteria. Wir stellen fest, dass wir immer häufiger Menschenansammlungen meiden und wir sehr schnell reizüberflutet sind. Deshalb beschließen wir, den Kaffee auf Sabir zu uns nehmen.

Auf jeden Fall wollen wir uns aber auch eine Ananas von hier mitnehmen. Peter bestellt uns eine.

Der Verkäufer fragt uns, wann genau wir sie essen möchten, denn die meisten Kunden wollen sie anscheinend mit nach Deutschland nehmen. Wir sagen ihm, dass wir sie gleich heute noch essen möchten. Mit diesen Angaben trifft er eine Auswahl: Er wiegt je eine Ananas in seinen Händen, riecht unten am Stiel und entscheidet sich für die in seiner rechten Hand. Wir sind erstaunt und fragen, wonach er denn nun gegangen sei. Peter darf an beide Ananasse riechen und stellt fest, dass diese, für die sich der Käufer entschieden hat, deutlich süsser und aromatischer riecht. Der Verkäufer sieht, dass ich die Ananas im Rucksack mit den Blättern nach oben stelle. Er bittet mich, dass ich sie andersrum transportieren soll. Der Grund hierfür ist, dass die Ananas unten am Stiel am süßesten und am besten ist, und diese Stelle gilt es nicht zu beschädigen. Wir fragen uns nun, weshalb in jeder Obstabteilung, die Ananas den Kunden „falsch“ präsentiert wird?!??

Zum Abschluss und für den Rückweg gibt es noch ein Ananaseis, was uns nicht so sehr geschmeckt hat, wir fanden es sehr wässrig und eher geschmacklos, was sehr schade war.

Zurück in der Marina laden wir kurzerhand noch die Crew der Leonie zu Kaffee und Ananas auf Sabir ein. Anna und Reinhard bringen noch die Reste des leckeren Mandelkuchens mit. Peter macht uns einen Galāo dazu und wir schlemmen und verwöhnen unsere Gaumen.

Ob es die beste Ananas der Welt war, das wissen wir nicht. Aber sie war auf jeden Fall die beste die wir seither gegessen haben.

Der Geschmack war für uns ein besonderer und ungewohnt lecker. Vermutlich wird uns keine andere Ananas mehr so richtig gut schmecken…

Wenn man bedenkt, wieviel Arbeit im Anbau der Ananas steckt, fragt man sich, wie es sein kann, dass man in Deutschland eine Ananas aus Costa Rica teilweise schon für 2 € bekommt. Der Preis, den wir hier vor Ort bezahlt haben, war deutlich höher. Er erscheint uns jedoch mit Sicherheit gerechtfertigt.

Wir haben heute viel über die Ananas gelernt. Es war ein sehr interessanter und lehrreicher Tag.


Hier noch eine Zusammenfassung dessen, was wir über den Anbau der Ananas auf Sao Miguel gelernt haben:

Die Ananas-Platagen sind als „Ersatz“ für die Orangen-Plantagen entstanden. Als der Anbau von Orangen im 19 Jahrhundert infolge der Krankheit „Herzfäule“ auf den Azoren nicht mehr möglich war, wurde nach Alternativen gesucht. So wurde neben dem Anbau von Tabak und Tee auch mit dem Anbau von Ananas begonnen.

Die hier angebaute Sorte „Smooth Cayenne“ wurde aus Südamerika eingeführt und bereits 1864 konnten die ersten Ananas nach England exportiert werden. Heute können sie anscheinend auch in Deutschland gekauft werden. Seit 1996 ist der Begriff „Ananas der Azoren“ eine in Portugal geschützte Ursprungsbezeichnung.

Da die Azoren ganzjährig feucht sind, kann für die Bewässerung ausschließlich Regenwasser verwendet werden, das direkt auf der Plantage in Becken gesammelt wird. Auch der übrige Anbauprozess ist sehr nachhaltig. Es kommen keine Pestizide oder Insektizide zum Einsatz. Die Ananasse werden auf Böden angebaut, die aus einer Mischung des ursprünglichen Bodens (vulkanischen Ursprungs), Ästen und Zweigen vom Klebsamen, Sägespänen und Pferde-Dung bestehen. Die Ananas kommt in der Folge ohne zusätzliche Düngung aus.

Durch den Anbau in Gewächshäusern (portugiesisch „Estufeiros“) kommen die Ananas sehr gut mit dem Klima der Azoren zu Recht. Im Winter bleiben die Dächer der Gewächshäuser geschlossen und erhalten so im Inneren ein tropisches Klima. Im Sommer müssen die Fenster geöffnet werden, damit es innen nicht zu warm oder gar zu feucht wird. Damit die Sonne im Sommer die Früchte nicht verbrennt und um die Temperatur im Inneren zu reduzieren, werden die Glasscheiben der Gewächshäuser von den Plantagen-Mitarbeiten, den „Estufeiros“, mit Kalkmilch bestrichen.

Der Anbau der Ananas erfolgt in drei Phasen. In der ersten Phase wird das Rhizom (der Wurzelstock) der Ananasse, die im Vorjahr die besten Früchte hervorgebracht haben, von Laubresten befreit und in einem Gewächshaus zum Treiben gebracht. Nach ca. vier bis sechs Monaten entstehen hier neue Schösslinge, die in der zweiten Phase vom Mutterrhizom entfernt und in ein anderes Gewächshaus umgepflanzt werden. Aus jedem Mutterrhizom entstehen ca. 4 Schösslinge. Von diesen werden jedoch nur zwei weiterverwendet. Nach weiteren sechs bis acht Monaten beginnt die letzte Phase. Die fast fertigen Pflanzen werden erneut in ein anderes Gewächshaus umgepflanzt, in dem sie bis zur Ernte reifen. Nach fünf bis sieben Monaten wird durch das „Räuchern“ die gleichzeitige Blüte aller Pflanzen „erzwungen“: In den Gewächshäusern werden verschiedene Pflanzenteile (Holzspäne, Bananenblätter, Bohnenstroh, Kräuter und Äste) verbrannt. Das im Rauch enthaltene Ethylen treibt die Reife voran, so dass alle Pflanzen zur gleichen Zeit blühen. Das kennt Ihr von Äpfeln und Bananen: Die Äpfel verströmen Ethylen und lassen die Bananen schneller reifen. Ca. zwei Monate nach Erscheinen der Blüte wird das zentrale Blatt des Blattschopfes über der Frucht herausgeschnitten. Damit wird das weitere Wachstum des Blattschopfes unterdrückt, so dass alleine die Frucht alle weitere Energie bekommt. Da die Ananas nach der Ernte nicht weiterreift, muss sie ihre volle Reife (und Süße) vor der Ernte erreicht haben.

Wenn man nun alle Monate zusammenzählt, erkennt man, dass fast zwei Jahre vergehen, bis die Ananas verzehrbereit ist!

Die Ananas wird übrigens nicht – wie bei uns in Deutschland üblich – in Ringe geschnitten. Sie soll in Schnitze, vom Stiel bis zum Blattschopf, geschnitten weden. Da die Ananas unten am Stiel am süßesten ist, kommt so jeder, der einen solchen Schnitz zu Essen bekommt, in den Genuss aller Teile der Ananas, den süßeren und den sauereren.

Hier noch ein paar Tipps zur Auswahl der Ananas: Je orangener die Ananas und je aromatischer sie unten am Stiel riecht, desto süßer wird sie sein. Je größer die Ananas, desto besser ist sie.

Ach und noch was: Der Plural von Ananas ist entweder Ananas oder Ananasse. Man darf sich für einen entscheiden. Wir haben uns für beide entschieden.

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