Chá Gorreana

so heißt die Teeplantage auf São Miguel, der größten Insel der Azoren. Die Plantage befindet sich der Nähe von Maia im Norden der Insel. Hier wird im Familienbetrieb seit 1820 Tee angebaut und verarbeitet. Da es die einzige Teeplantage in Europa ist, wollen wir uns das unbedingt mal anschauen, vor allem, da man laut unserem Reiseführer durch und um die Plantage laufen kann.

Wir nehmen den Bus Richtung Maia und zahlen 3,77€ für die Hinfahrt. Bei der Heimfahrt zahlen wir 3,94€ ?!?? Die Auflösung kommt später…

Doch nun zu unserem Ausflug: Der Bus wird von unserem Fahrer durch die engen Sträßchen der Ortschaften, manchmal in Zentimeterarbeit, bugsiert. Auf der einen Seite stehen Autos, auf der anderen Seite – an der ich sitze – ist die Straße durch die Häuser begrenzt. Ich sitze am Fenster und überlege mir ein paar Mal, ob es denn wirklich reichen wird. Oftmals scheint nicht mal eine Hand zwischen Hausmauer und den Bus zu passen. Genauso auf den Straßen außerhalb der Ortschaften. Die Äste der Bäume und Büsche schlagen beim Vorbeifahren gegen die Fensterscheiben. Ich beruhige mich und denke mir, so lange die Außenspiegel nicht zu Bruch gehen…

Wir fahren durch wunderschöne, hügelige Landschaft welche grün und saftig erscheint. Der Blick, den wir immer mal wieder auf die Küste erhaschen können: atemberaubend.

Über Google-Maps verfolgen wir die Haltestationen und drücken schließlich, als wir in São Brás ankommen, auf Stopp. Wir schnappen beim Halten des Busses unsere Rucksäcke und wollen aussteigen. Der Busfahrer deutet uns jedoch an, dass wir noch nicht aussteigen sollen, wir müssten noch weiter fahren. Okay, wir setzen uns wieder, freuen und wundern uns gleichzeitig, dass der Busfahrer weiß, wo wir hin wollen und aufmerksam „überwacht“, dass wir an der richtigen Haltestelle aussteigen. Nachdem sich der Bus immer weiter von unserem eigentlichen Startpunkt der Wanderung entfernt, überlegen wir uns, ob es möglicherweise ein Missverständnis war. Naja, wir warten, lassen uns überraschen, wo wir wohl aussteigen „dürfen“ und überlegen uns, dann halt dort eine Wanderung zu machen. Die Teeplantage läuft uns ja nicht davon. Der Bus fährt weiter bis Maia, dreht dort um und fährt wieder zurück, bis zu der Stelle, wo wir aussteigen wollten, nähert sich immer mehr der Teefabrik und bleibt letztendlich direkt davor stehen. Nun deutet uns der Busfahrer über den Rückspiegel an, dass wir aussteigen könnten. Wir bedanken uns freundlich bei ihm und steigen aus.

Jetzt verstehen wir: Beim Einsteigen lösten wir ein Ticket bis nach São Brás und wohl fiel auch das Wort Teeplantage beim Bezahlen. Bei der Planung der Wanderung waren wir uns nicht sicher, ob direkt an der Plantage eine Bushaltestelle ist, deshalb wollten wir in São Brás aussteigen, um den letzten Kilometer zur Plantage zu laufen. Der Busfahrer wusste natürlich nichts von unserer Planung und hat uns deshalb direkt an der Teeplantage rausgelassen. Auch gut, so können wir uns gleich der Teeplantage widmen.

Der erste Anblick auf die Anbaufläche haut mich um. Sowas habe ich noch nicht gesehen, außer vielleicht mal bei einer Reportage im Fernsehen. Ich habe für einen kurzen Augenblick das Gefühl – obwohl ich noch nie dort war – ich sei in China. Der terrassenförmige Anbau, das Grün, die hügelige Landschaft, es schaut alles so unbekannt und ungewohnt für mich aus. Wir überlegen, ob wir uns zuerst den Betrieb anschauen oder zuerst die Wanderung machen. Wir entscheiden uns, direkt loszulaufen, nachdem wir ja fast 1 1/2 Stunden im Bus gesessen sind.

Wir laufen durch die Anbauflächen und erfreuen uns an den Pflanzen, an den geometrischen Flächen und dem Grün. Wir erkennen an einigen Stellen, dass die Pflanzen schon abgeerntet sind. An anderen Stellen erkennen wir frische Triebe. Wir machen viele Bilder, haben immer mal wieder einen schönen Blick über die Anbaufläche und auf das Meer. Schon vorher haben wir uns über die Plantage informiert und wissen deshalb, dass hier frei von Chemikalien und Herbiziden, Fungiziden, Pestiziden angebaut wird. Auf der Webseite der Plantage lasen wir, dass sich durch das Klima auf der Insel die Schädlinge nicht entwickeln können. Es sieht hier alles sehr gepflegt und schön aus.

Wir laufen stetig bergauf. Die Kennzeichnung des Wanderweges zeigt uns an, dass wir nach Süden abbiegen müssen. Wir laufen an meterhohen Hortensienhecken vorbei, die stellenweise schon blühen. Der Weg wird immer matschiger, immer mal wieder hört man, dass Kühe in der Nähe sind. Ein paar Mal klettern wir über einen Elektrozaun und fragen uns wann wir wohl den Kühen im Wege sind. Als wir um um eine Kehre kommen, sehen wir wieder einen Elektrozaun und plötzlich, wie aus dem Nichts, kommen unzählige Kühe um die Ecke. Der Weg auf dem sie laufen ist sehr matschig. Durch ihre prall gefüllten Euter können sie kaum laufen.

Wir bleiben eine Weile stehen und schauen nochmal auf unsere Wanderkarte. Wir müssten auch hier über den Elektrozaun klettern um den Weg weiterzugehen. Wir entscheiden uns jedoch umzudrehen. Dieser Weg ist uns nun doch zu schlammig. Wir beobachten noch eine zeitlang die Kühe und überlegen uns, wann wir in Deutschland das letzte Mal freilaufende Kühe gesehen haben.

Wir drehen also um und gehen einen anderen Weg zurück zu unserem Ausgangspunkt. Dieser führt uns an Riesenfarnen und anschließend wieder an Hortensienhecken vorbei.

Kurz vor Ende der Wanderung sind wir dann wieder inmitten der Teeplantage. An einer Stelle wird gerade Tee geerntet und wir schauen fasziniert zu. Vier Männer ziehen eine Schermaschine über die Reihe. Über der Schermaschine befindet sich ein Sack. Dieser wird mit einem Ventilator mit Luft gefüllt, so dass die abgeschnittenen Teeblätter in den Sack fliegen. Der volle Sack wird dann von einem weiteren Mitarbeiter entgegen genommen, welcher diesen dann dem Mitarbeiter am Wegesrand übergibt, der den Inhalt auf eine schwarze Plane schüttet.

So langsam verspüren wir Hunger und überlegen uns, wo wir uns gemütlich niederlassen könnten, um unser mitgebrachtes Vesper – die Reste der Pizza von gestern Abend – zu verspeisen. Kurz vor den Räumen der Teeplantage entdecken wir den Platz für unsere Rast.

Gestärkt machen wir uns anschließend auf, um den Betrieb zu besichtigen. Durch unsere vorherige Recherche wissen wir, dass hier noch Maschinen aus dem Jahr 1840 in Betrieb sind. Wir sind sehr gespannt.

Wir werden von einem freundlichen Mitarbeiter am Eingang begrüßt und sind überrascht, dass wir keinen Eintritt bezahlen müssen.

Gleich im ersten Raum steht eine Tafel, auf der die einzelnen Schritte der Teeproduktion erklärt sind.

Wusstet ihr, dass für Grün- und Schwarztee die gleiche Pflanze verwendet wird? Lediglich die Herstellungsschritte sind andere.

Wir gehen durch die Räumlichkeiten und bestaunen die alten Maschinen.

An einigen Maschinen steht unaufdringlich eine kleine Box mit der Bitte um eine freiwillige Spende.

Am Ende gibt es eine Teeverkostung. Wir nehmen uns einen Grüntee und einen Schwarztee und sind sehr beeindruckt von dem feinen Geschmack dieser Teesorte. Auch hier steht eine kleine Box. Gerne werfen wir als Dankeschön etwas Geld hinein.

Wir laufen noch durch den Verkaufsraum und überlegen, ob wir uns Tee kaufen wollen. Wir entscheiden uns, welchen zu kaufen und hoffen, dass wir nicht enttäuscht sind, wenn wir ihn daheim zubereiten.

Nun ist auch schon wieder Zeit, dass wir uns auf den Weg zur Bushaltestelle machen. Peter zählt schon mal das Geld ab, da sich die Busfahrer hier immer freuen, wenn sie nicht auf Scheine rausgeben müssen. Doch seltsamerweise müssen wir heimwärts 0,17€ mehr bezahlen. Wir überlegen wie das denn sein kann… aber klar: Auf der Hinfahrt sind wir ja eine Haltestelle mehr gefahren… uns wird bewußt: Wir sind eine Haltestelle schwarz gefahren… ups….

Wir fahren bis nach Maia. Dort hält der Bus an und der Busfahrer fordert uns auf, in einen anderen Bus umzusteigen. Der Busfahrer steigt mit uns um und fährt die Strecke weiter. Wir überlegen weshalb das wohl so ist, haben aber keine Erklärung dafür. Jetzt sitzen wir in der ersten Reihe, erhöht über dem Busfahrer. Von dieser Perspektive aus haben wir einen wunderbaren Rundumblick und genießen die herrliche Landschaft auf der Heimfahrt. Manchmal wird uns von hier oben aber auch ein wenig mulmig. Aber wir denken, es besteht kein Grund zur Sorge, die Busfahrer verstehen ihr Handwerk. Sie fahren gekonnt durch die engen Sträßchen der Ortschaften und bugsieren ihr großes Gefährt durch die kurvige Landschaft.

Zurück auf Sabir, schauen wir, wie immer, nochmal die Bilder an. Währenddessen überlegen wir uns, wie es wohl gewesen wäre, wenn wir während der Woche dorthin gefahren wären. Wir hätten möglicherweise bei den einzelnen Schritten den Mitarbeitern dort über die Schulter schauen können, was sicher auch sehr interessant gewesen wäre. Doch beim Sprechen darüber stellen wir fest, dass wir uns vermutlich nicht sehr wohl dabei gefühlt hätten, wenn wir den Arbeitern bei der Arbeit zugeschaut hätten. Somit stellen wir fest, mal wieder alles richtig gemacht zu haben.

Schön war’s!

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