Dieses Wochenende steht Vila Baleira Kopf… Christopher Columbus wird erwartet, das wollen wir uns nicht entgehen lassen.
Schon die ganze Woche wurde Vila Baleira rausgeputzt, hier ein Fähnchen, da ein Fähnchen, mittelalterliche Zelte und maritime Installationen.
Das Festwochenende beginnt schon am Mittwochabend und soll bis Sonntag gehen. Wir sind sehr gespannt. Wir waren zwar letztes Jahr auch schon zu der Zeit des Festivals hier auf Porto Santo, haben da aber nicht wirklich viel davon mitbekommen. Das soll dieses Jahr anders werden.
Wir verabreden uns für Donnerstagabend mit unseren Stegnachbarn, einer deutschen Familie, mit zwei Kindern (Linda, Sven, Amelie und Henri von der „Blue Flash“), um Teil des Geschehens zu sein. Am Donnerstag wird die Ankunft von Christoph Columbus auf Porto Santo nachgestellt. Amelie, die in die dritte Klasse geht, klärt uns auf, dass das n i c h t der „echte“ Columbus ist, der da kommt. Mit einem Augenzwinkern beschließen wir, uns das Schauspiel „trotzdem“ anzuschauen.
Natürlich machen wir uns auch über COVID unsere Gedanken. Wir sind hier auf der Insel in der glücklichen Lage, dass es keine aktiven Fälle gibt. Das ist sehr beruhigend für uns veranlasst uns aber dennoch, die in Deutschland gelernten AHA-Regeln einzuhalten. Das Gute hier ist, dass sich sämtliches soziales Leben draußen abspielt.
Peter und ich machen uns auch schon am Mittwochabend auf den Weg ins Städtchen. Der große Platz unten an der Landungsbrücke ist abgesperrt. Hier steht eine Bühne auf der verschiedene Gruppen auftreten sollen und nach Einbruch der Nacht eine Feuershow dargeboten werden soll.
Am Eingang zu dem Platz werden wir freundlich begrüßt, wir tragen einen Mundschutz, unsere Temperatur wird gemessen und wir müssen unsere Hände desinfizieren. Erst danach wird uns Einlass gewährt. Wir werden zusätzlich noch sehr freundlich darum gebeten, soziale Distanz zu den anderen Besuchern zu halten. Wir finden auf dem großen, weitläufigen Gelände genügend Platz in mehr als ausreichender Distanz zu den anderen.
Wir lauschen den Klängen und Gesängen von drei Frauen, die traditionelle Lieder singen. Danach machen wir uns auf den Weg zum Hauptplatz des Städtchens. Hier sind verschiedene Stände aufgebaut und es werden Waren feilgeboten. Straßenmusiker streifen durch die Gässchen und machen Musik. Wir holen uns ein Lambecca und tauchen in die Klänge ein. Wir fühlen uns wie in eine andere Welt versetzt. Die Musiker sind historisch gekleidet und spielen mittelalterliche Weisen.
Am Hauptplatz treffen wir auf Pascal, der mit seinem Boot „Edgar Allan Poe“ am selben Steg wie Sabir liegt. Er sagt uns, dass noch andere Segler aus der Marina in einer Strandbar sitzen und fragt uns, ob wir auch Lust haben zu kommen.
Das machen wir und treffen dort auf eine nette Runde. Wir werden mit großem Hallo aufgenommen, führen nette Gespräche und fühlen uns sehr wohl.
Plötzlich steht in einiger Entfernung eine mir fremde Frau, die gestikulierend auf sich aufmerksam macht. Ich bin etwas irritiert: „Meint sie mich?!??“ Nach einigem Zögern gehe ich hin und frage erstaunt, ob sie mich meint. Sie bestätigt dies. Ich verstehe noch immer nicht. Bin ich es doch eigentlich eher von daheim gewohnt, dass mich mir fremde Menschen ansprechen, da sie mich mit jemanden verwechseln. Aber dass ich hier auf Porto Santo auch eine Doppelgängerin habe?!?? Das Rätsel löst sich:
Als ich vor einigen Tagen, als Peter am Schiff zu tun hatte, in Vila Baleira unterwegs war, um Bilder für einen Blogbeitrag zu machen, fand ich ein lauschiges, schattiges Plätzchen im Innenhof des Columbus-Museum. Ich habe mich dort niedergelassen, um mir Notizen zu machen. Eine Frau mit Mundschutz hat mich angesprochen, was für ein schönes und schattiges Plätzchen ich mir für meine Pause ausgesucht habe. Diese Frau – sie heißt Nellie – hat mich eben ohne Mundschutz angesprochen. Ich bin erstaunt, dass sie mich erkennt. Sie meinte meine kurzen Haare und mein freundliches Lächeln seien ihr schon damals aufgefallen. Wir haben uns sehr nett mit ihr unterhalten. Sie arbeitet im Columbus-Museum und erzählt uns, dass während des Festivals der Eintritt in das Museum frei ist und sie sich freuen würde uns dort begrüßen zu dürfen.
Nach Einbruch der Dunkelheit wird die Feuershow dargeboten.
Anschließend machen wir uns mit Manu auf den Weg zur Marina. Manu kommt aus Neuseeland und lebt schon viele Jahre in Europa. Er hat dort Biologie studiert, sich vor nicht allzu langer Zeit sein Boot auf der Île d’Oléron gekauft und segelt seither einhand umher.
Im Gesprächen mit Manu stellt sich (wie auch schon im Gespräch mit anderen Seglern) heraus, dass er eigentlich Spass an seinem Beruf hätte, aber mit den Rahmenbedingungen nicht mehr zurecht kommt, bzw. sich in ein System gedrängt fühlt, das sich mit dem ursprünglich gelernten moralisch nicht mehr vereinbaren lässt… kommt mir doch irgendwie bekannt vor…
Am Donnerstag laufen mir Anne und Michael – ein dänisches Paar – über den Weg. Wir haben sie schon vor zwei-drei Wochen kennengelernt. Michael hat uns mal mit seinem Dinghy abgeschleppt, als wir paddelnd mit kräftigem Gegenwind auf dem Weg zu Sabir waren. Sie waren zwischenzeitlich auf Madeira. Ich lade sie ein, heute Abend mit uns ins Dorf zu kommen. Sie freuen sich sehr und so machen wir uns heute Abend alle gemeinsam auf den Weg ins Dorf.
Dort angekommen, essen wir einen leckeren Bolo Di Caco. Währenddessen erfahren wir, dass Columbus dieses Jahr nicht mit der Santa Maria von Madeira aus einlaufen wird. Der Strand konnte wohl nicht so abgesperrt werden, dass es möglich gewesen wäre soziale Distanz zu halten. Deshalb findet das Spektakel dieses Jahr auf der Tribüne statt. Da der Stand mit dem Bolo Di Caco direkt hinter der Absperrung liegt, konnten wir das Schauspiel während dem Essen durch die Absperrung verfolgen.
Unsere kleine Gruppe löst sich auf. Die einen machen sich mit den Kindern auf den Weg zum Spielplatz. Die anderen wählen den Weg zur Hauptbühne. Es folgt das gleiche Procedere wie gestern (Mundschutz, Temperaturmessung, Händedesinfektion). Auch heute werden wir nochmal freundlich darauf hingewiesen, dass wir soziale Distanz halten sollen und wir werden heute sogar an unseren Platz begleitet. Wir lauschen der Musik.
Anschließend bummeln wir wieder durch Vila Baleira, überall begleitet von Straßenmusikern.
Peter versucht dann auch noch sein Glück auf dem „Spielplatz“.
Eine traditionell gekleidete junge Dame umgarnt ihn und erklärt ihm die Spielregeln.
Wir versuchen uns an verschiedenen Spielen. Schließlich wirft Peter beim Kegeln alle neune und gewinnt ein (weißes!) T-Shirt mit der Aufschrift 600 Jahre Porto Santo (1418-2018).
Mit Anne und Michael schauen wir die auch heute wieder dargebotene Feuershow an und machen uns dann, in einer windstillen, lauen Sommernacht auf den Weg zur Marina.
Am Freitagabend sind wir beide auch wieder kurz auf dem Festival, machen uns aber bald wieder auf den Heimweg.
Für Samstagabend verabreden wir uns spontan mit Linda, Sven und den Kindern und schlendern gemütlich durch die Gassen Vila Baleiras. Heute steht auch der Besuch des Columbus Museum auf unserem Plan. Nellie freut sich sehr, als sie uns sieht und gibt uns eine Führung durch das Museum.
Christoph Columbus hat 1479 oder 1480 zwei Jahre hier auf Porto Santo gelebt. Er hat die Tochter des ersten Gouverneurs von Porto Santo geheiratet und hatte mit ihr einen gemeinsamen Sohn. Anschließend lebte er zwei Jahre auf Madeira. Während der Zeit studierte er Seekarte, Logbücher und Aufzeichnungen anderer Seefahrer und man nimmt an, dass er hier auch den Entschluss fasste eine Seeroute nach Süd-/Ostasien zu finden.
Auf Porto Santo wird deswegen ihm zu Ehren jährlich das Columbus Festival gefeiert. Auf Madeira steht „nur“ das nachgebaute Schiff, die Santa Maria, mit der Touristenfahrten angeboten werden.
Der ganze Sonntag ist relativ kühl und uns lockt nichts nach draußen. Wir kruschteln und wurschteln unter Deck. Zur Kaffeezeit genießen wir unseren Apfel-Mango-Streuselkuchen.
Zum Abendessen machen wir uns Pfannkuchen mit einer Tomate-Mozzarella-Füllung.
Wir haben das Columbus-Festival dieses Jahr so richtig ausgekostet. Uns haben zum Teil die Musiker und Schauspieler leid getan, die – vermutlich durch Corona bedingt – teilweise vor halbleeren Rängen auftreten mussten.