Jetzt sind wir also auf unserer zweiten Azoren-Insel São Miguel angekommen. Wir lassen den Tag gemütlich angehen. Der Himmel ist bedeckt und es fällt immer wieder mal Regen aus den Wolken. Wir haben für den heutigen Tag keine großen Aktionen geplant. Wir müssen uns in der Marina anmelden und wollen uns ein wenig in der Stadt orientieren.
25.05.2022 Papierkram und wir geben uns keinen Ruck
Claudia und ich machen uns auf den Weg zum Marina-Büro. Das befindet sich in der alten Marina im Osten des Hafens. In der alten Marina ist es eng und dort liegen fast ausschließlich kleine, lokale Boote. Für die Besucher von São Miguel wurden im Westteil des Hafens neuere Steganlagen gebaut, an denen es zahlreiche Plätze für Yachten unterschiedlicher Größe gibt. Der Weg führt uns entlang der Hafen-Promenade unter einem großen Kulturzentrum hindurch das mit einer offenen Tribüne offenbar auch für Open-Air-Konzerte oder ähnlichem genutzt wird.
Auf der anderen Seite des Kulturzentrums befindet sich im Hafen das Freibad von Ponta Delgada. Wie auf den Azoren üblich, handelt es sich hierbei um ein natürliches Schwimmbad. Die Beckenränder sind gemauert und asphaltiert, Treppen führen ins Wasser. Damit ist aber auch schon Schluss mit unserer Vorstellung von Freibad. Man schwimmt im Atlantikwasser und der Bereich für die Badenden und Schwimmenden ist mit Schwimmleinen vom Rest des Hafens abgetrennt. Weiter hinten an Land findet sich tatsächlich auch eine Freibad-Anlage, wie man sie auch in Deutschland vorfinden könnte – diese ist jedoch ungenutzt.
Wir sind das viele Grün und die sanfte, bergige Landschaft der Azoren noch nicht gewöhnt und wir können uns immer noch nicht sattsehen. Beim Blick über das Schwimmbad und die Marina auf die Berge denken wir eher an die Schweizer Seite des Bodensees, als an eine portugiesische Insel mitten im Atlantik.
Weiter geht es an der Promenade zu dem Gebäude, in dem das Büro der Marina und die Offiziellen (Einwanderung, Zoll und der GNR – die Republikanische Nationalgarde) untergebracht sind.
Auf Santa Maria hatte es gereicht, die Anmeldung beim Hafenmeister zu machen. Die restlichen Behörden wurden dann von ihm informiert. Hier auf Ponta Delgada hatte ich das erste Mal fast volles Programm mit den Behörden: Die Marina hatte zwar bereits alle unsere Daten – diese kamen offensichtlich auf elektronischem Wege hier an – aber danach musste ich noch zum GNR und zur Einwanderungsbehörde: Auch dort wurden noch einmal unsere Daten abgeglichen.
Auf dem Rückweg sind wir direkt noch bei Boat Sail Service vorbeigegangen – einem Bootsausrüster direkt an der Marina – und haben uns einen Ersatz für den gebrochenen Schäkel am Spi-Fall und zwei Ruckdämpfer gekauft, die wir in unsere Leinen einscheren werden. Die Marinaanlage liegt zwar hinter einem Wellenbrecher, allerdings steht dieser irgendwie auf Stelzen, so dass die Bewegungen der Wellen unten durch in den Hafen laufen können, dort eine permanente Bewegung der Boote auslösen und Sabir immer wieder heftig in die Festmacher einrucken lassen.
Wir bauen die Ruckdämpfer in die Festmacher ein und freuen uns, dass wir nun viel ruhiger liegen. Letzte Nacht sind wir immer wieder davon aufgewacht, wenn ein Ruck durch das Schiff ging. Heute Nacht werden wir ruhig schlafen.
26.05.2022 Die sind ja nicht ganz dicht!
Wir hatten gehofft, hier auf São Miguel an Macrolon zu kommen – einer Kunsstoffscheibe, mit der wir unsere Luken wieder abdichten wollen. Leider ist die Firma, die bislang Macrolon verkauft hat, während der Pandemie Pleite gegangen… Dennoch mache ich mich mal probehalber an der Dachluke über der Steuerbord-Achterkajüte (unserer Wurfkammer) zu schaffen.
Ich hatte auf Teneriffa zwar bereits eine neue Dichtung in den Rahmen eingesetzt – dennoch war die Luke weiter undicht und wir mussten sie bei Überfahrten oder längerem Regen abkleben.
Heute nehme ich die Scheibe raus und versuche sie noch einmal neu einzukleben. Beim Herausnehmen stelle ich fest, dass das Silikon, mit dem die Scheibe auf dem Rahmen befestigt war, zwischenzeitlich seine Konsistenz verändert hat. Es ist nicht mehr fest, sondern eine etwas schmierig bröselige Masse. Das lässt hoffen, dass es mit der neuen Dichtungsmasse wieder dicht(er) wird.
Dummerweise bricht bei der ganzen Aktion eine der Schrauben, mit denen die Luke im Scharnier gelagert ist, ab. Mist! Das wird knifflig. Die Schraube ist aus Stahl, der Rahmen aus Aluminium => die Schraube wird sich nicht so leicht ausbohren lassen. Willi von der Leonie wird mir dabei helfen – er hat mal „irgendwas mit Metall“ studiert.
Heute klebe ich an der Luke, am Rahmen und an der alten Scheibe all die Stellen mit Malerkrepp ab, die später mal keine Dichtungsmasse abbekommen sollen.
Danach kommt die Dichtungsmasse auf die Luke. Die Scheibe wird aufgelegt und mit Vierkantholz und Schraubzwingen gegen verrutschen gesichert.
Zum Glück soll es heute und morgen trocken bleiben, so dass es zunächst reicht, die Luke mit den Zwingen auf das Deck zu legen.
Am nächsten Tag können die Zwingen weg. Ich entferne den überstehenden Kleber und befestige die Luke mit neuen Schrauben am Rahmen. Danke hier noch mal an Willi für die Hilfe beim Ausbohren.
Aber soll ich Euch etwas sagen: Beim nächsten Regen werden sich wieder einzelne Tropfen an der Luke bilden und es nötig machen, Schüsseln unter das Fenster zu stellen. Ich habe das mit dem Abdichten entweder nicht gut genug gemacht oder als nächstes muss der Rahmen raus und neu eingesetzt werden. Zunächst bleibt es mal so.
26.05.2022 Santo Cristo dos Milagres
Der vergangene Sonntag war der fünfte Sonntag nach dem Osterfest und an diesem Tag begann hier in Ponta Delgada das Fest zu Ehren des „Santo Cristo dos Milagres“. An diesem Tag wird eine Christus-Statue in einer Prozession durch die blumengeschmückte Stadt getragen. Die Prozession wird von unzähligen Menschen besucht. Viele pilgern hierzu extra nach Ponta Delgada. Wir haben einen Großteil der Feierlichkeiten verpasst, da wir vorgestern erst angekommen sind. Heute wollen wir am letzten Tag des Festes ein bisschen von der Atmosphäre einfangen.
Die Balkone der Häuser in der Innenstadt sind fast alle mit Blumenschmuck dekoriert und am Tag der Prozession sind auch die Straßen, denen die Prozession folgt, mit Blumen geschmückt.
Wir laufen durch die Stadt und schauen uns verschiedene Kirchen und das „Forte de São Bras“ an. Der Eintritt in das Fort lohnt sich eigentlich nur für Liebhaber von Militärgerätschaften, da sich im öffentlich besuchbaren Bereich ein Militärmuseum befindet. Dennoch hat man von dort eine schöne Aussicht auf die Stadt und den Hafen.
Mit das Spannendste im Fort ist das Sektorenfeuer für die Hafeneinfahrt. Aus den Lampen strahlt dem einfahrenden Schiff bei Nacht alle 8s ein kurzer weißer Lichtblitz entgegen – sofern es sich mit dem Kurs zwischen 261 und 263 Grad nähert. Fährt man zu weit links, sieht man einen grünen, fährt man zu weit rechts einen roten Lichtblitz alle 8s.
Die Kirche „Convento de Nossa Senhora da Esperança“ (=Hoffnung) mit der Christus-Statue lassen wir dabei jedoch aus, da sich vor ihr eine lange Schlange mit Pilgern gebildet hat, die dort hinein möchten. Wir werden uns das anschauen, wenn der ganze Trubel vorbei ist. Die Kirche ist mit zigtausend kleinen Lichtchen geschmückt. Freiwillige haben diese in den vergangenen Tagen vor dem Fest aufgehängt und haben von ihren Arbeitgebern dafür frei bekommen.
Am Abend sind wir dann noch einmal durch die Stadt gelaufen und haben die Kirchen in ihrer Festbeleuchtung erlebt. Irgendwie hat uns das an die Weihnachtsbeleuchtung auf Funchal letztes Jahr erinnert.
Es sind wieder unzählig viele Menschen auf der Straße. Viele stehen an der Kirche an und wollen zu der Statue. Andere stehen auch am Seiteneingang der Kirche an, um ihre Flasche abzugeben, damit sie dort mit Weihwasser gefüllt wird. So viel Gläubigkeit ist für uns ungewohnt.
27.05.2022 Jardim Botânico José do Canto
Ein Auto zu mieten auf São Miguel ist ein Ding der Unmöglichkeit. Ich recherchiere im Internet und wir fragen auch bei den lokalen Autovermietungen nach: Die meisten Mietwagen kosten deutlich über 100,- Euro, so viel wollen wir nun wirklich nicht ausgeben. Wenn man ein Angebot um die 50,- Euro findet, dann gibt es die nächsten Wochen keine freien Fahrzeuge. Auch dies eine Auswirkung der Pandemie: Der Mietfuhrpark wurde abgebaut und die Unternehmen sind jetzt nicht darauf vorbereitet, dass wieder Nachfrage nach Fahrzeugen herrscht.
Darum bleiben wir hier auch heute noch in der Stadt. Wir wollen uns zuerst den botanischen Garten „Jardim Botânico José do Canto“ anschauen, danach zu Decathlon und im Anschluss bei Continente einkaufen.
Der botanische Garten liegt im Zentrum der Stadt und wurde von dem Großgrundbesitzer José do Canto eingerichtet. In dem Garten finden sich viele exotische Bäume und Pflanzen, die er Mitte des 19. Jahrhunderts gesammelt hat. Wir sehen Bäume aus Asien, Australien, Amerika und Afrika. Das Klima auf der Insel macht es möglich, dass diese hier alle gedeihen können. Wir verbringen viel Zeit hier und genießen das viele Grün und die Ruhe.
Nicht weit vom botanischen Garten ist eine Filiale von Decathlon. Der Laden liegt am Stadtrand und in seiner Nachbarschaft beginnt grünes Hügelland und es grasen Kühe auf den Weiden. Für unsere „Stadtaugen“ ein ungewohntes Bild:
Bei Decathlon hat Claudia in einem Kühlschrank beim Angelbedarf tatsächlich Krebse als Köder gefunden. Ich habe Willi voller Freude eine Nachricht geschrieben und gefragt, ob wir ihm welche zum Veja-Angeln mitbringen sollen. Willi bittet uns die Krebse mitzubringen. Ich gehe zu dem Kühlschrank und nehme eine Packung in die Hand. Während ich in Richtung Kasse laufe, wird die Packung langsam lebendig: Die Krebse sind Lebendköder. Durch die Kühlung bewegen sie sich kaum. Durch die Wärme meiner Hand werden sie langsam lebendig.
Schnell bringe ich die Packung wieder zurück. Die Vorstellung, dass die Tiere in meinem Rucksack immer wärmer und umtriebiger werden und eventuell im Supermarkt dann langsam hinten aus meinem Rucksack herausgekrabbelt kommen, sagt mir überhaupt nicht zu. Gruselige Vorstellung. Ich glaube Willi muss nochmal selbst herkommen und sich welche kaufen…
28. / 29. / 30. / 31.5.2022 Faule Tage, noch ein Garten, Kochen, Backen, Freunde treffen
Auch an den kommenden Tagen sind wir in Ponta Delgada unterwegs. Das Wetter ist nicht immer so, dass wir uns mit dem Bus auf den Weg über die Insel machen wollen.
Claudia kocht Marmelade, wir sind viel an Bord und wir schreiben Blog-Beiträge. Wenn die Sonne scheint, machen wir kurze Spaziergänge oder gehen einkaufen.
Wir entdecken noch einen weiteren botanischen Garten, den „Jardim Botânico António Borges“. Auch dieser wurde von einem Großgrundbesitzer angelegt und hat ebenfalls viele exotischen Bäume und Pflanzen. Im Gegensatz zu dem Garten von José de Canto hat dieser hier auch romantische Elemente. Zwischen den Pflanzen finden sich Bäche, Seen, Brücken, Ruinen und Höhlen. Auch hier lässt es sich aushalten.
Wir treffen uns mit den Crews der Leonie und der Maaike-Saadet und haben viel Spaß zusammen.
Wir finden auch hier auf der Insel diese „Art Hefekranz“ und genießen ihn bei selbst gemachtem Galão mit selbstgekochter Erdbeermarmelade und Samba.
Für morgen haben wir uns vorgenommen den Bus nach Furnas zu nehmen und uns dort den „Terra Nostra Garden“ und die heißen Quellen anzuschauen. Wir sind schon sehr gespannt.