Furnas

das ist wohl die Touristenattraktion hier auf São Miguel, das wollen wir uns natürlich nicht entgehen lassen. Dort soll es heiße Schwefelquellen, einen See, einen Park und ein großes Badebecken geben, das von heißen Quellen gespeist wird und eine ganzjährige Wassertemperatur von 38°C hat.

Na dann los, heißt es heute, am 01. Juni. Wir fahren mit dem Bus an der Südküste entlang und sind mal wieder begeistert von der Natur, dem Grün hier auf den Azoren. Das letzte Stück fahren wir entlang am Lagoa das Furnas. Am anderen Seeufer können wir die Rauchschwaden der heißen Kochstellen sehen, wo der berühmte Cozido das Furnas sieben Stunden vor sich hinköchelt.

Cozido das Furnas ist ein Schmortopf aus dem Vulkan: In großen Töpfen werden Fisch, Fleisch und Gemüse geschichtet, anschließend wird der Topf vorsichtig mit Seilen in ausgegrabene Erdlöcher hinuntergelassen, dann mit einer Holzplatte verschlossen und zum Schluß wird noch Erde darauf getürmt. Bis zu sieben Stunden gart das Essen nun langsam durch. Hierbei nimmt es den Geschmack des aktiven vulkanischen Gesteins an, was ihm eine unverwechselbare Note geben soll. Um in den Genuss dieser Leckerei zu kommen, muss man sich bei den Lokalen, die dies anbieten, rechtzeitig anmelden. Da wir – abhängig vom Wetter – nicht genau wussten, wann wir nach Furnas fahren werden, sind wir leider nicht in den Genuss dieser ursprünglich einfachen ländlichen Kost gekommen. Zudem wussten wir nicht, wo überall dieses Essen angeboten wird. Außerdem hatten wir auch Sorge, dass wir auf einen Tourinepp reinfallen könnten und viel Geld für nichts bezahlen müssten. Auf unserem Plan „nächstes Mal“ steht die Cozida auf jeden Fall schon mit ganz oben auf der Liste.

Nach diesem kleinen kulinarischen Ausflug aber zurück zu unserem heutigen Ausflug. Furnas ist die einzige größere „Stadt“, die nicht an der Küste, aber wohl in einem Tal liegt. Von unserem digitalen Reiseführer wissen wir, dass das Furnas-Tal, gar kein Tal ist. Vom Pico do Ferres erkennt man, dass es in einem erloschenen Krater mit einem Durchmesser von 7 Kilometer liegt. Leider waren wir dort nicht und können es nur von Bildern aus dem Netz bestätigen.

Reiche Orangenbarone haben die Gegend hier mitgeprägt. Sie bauten hier ihre prunkvollen Paläste und legten Gärten an. Außerdem gibt es im Tal zwei Flüsse. Der eine ist kristallklar und kalt, der andere dagegen warm und von rötlich rostiger Farbe.

Im Furnas „Tal“ angekommen, soll unsere erste Besichtigung heute der „Parque Terra Nostra“ sein. Der „Park unsere Erde“ wurde im Jahr 1775 vom Honorarkonsul der Vereinigten Staaten in São Miguel errichtet. Sein Name: Thomas Hickling. Er war ein, aus Boston stammender, reicher Händler und Orangenbaron. Begonnen hat die Geschichte des Gartens damit, dass er sich auf einem kleinen Hügel ein einfaches Sommerhäuschen errichtete. Zum Schutz der Privatsphäre wurden zahlreiche Bäume gepflanzt. Außerdem legte er ein großes Wasserbecken inklusive Insel an um das er ebenfalls viele Bäume pflanzen ließ. Als er 1834 starb, ging erst 14 Jahre nach seinem Tod der Besitz an den Visconde da Praia. Er ließ das oberhalb des Thermalbeckens stehende Casa do Parque errichten. Der Besitz wurde im Laufe der Jahre immer größer. Er legte zudem Blumenbeete und Wasserwege an. Außerdem pflanzte er viele exotische und einheimische Bäume. 1872 übernahm der Sohn, nach dem Tod des Visconde, das Gelände und das Haus. Auch der Sohn ließ Pflanzen aus aller Welt anschaffen, veränderte die Wasserläufe und ließ Grotten errichten. 1935 schließlich eröffnete das Terra Nostra Hotel seine Pforten. Sein damaliger Besitzer Vasco Bensaude kümmerte sich um den ziemlich verwahrlosten Garten und brachte diesen wieder zum Glänzen. Im Laufe der Zeit wurden aus den ursprünglich 2 ha insgesamt 12 ha. Hier finden sich rund 2500 Bäume.

Wir lösen am Eingang ein Ticket (10,–€/Person) und sind schon die ersten paar Schritte von dem beeindruckt, was wir hier sehen. Gleich am Eingang steht eine riesige Strelizie. Die Blüten sind schon alle verblüht, trotzdem sind wir ob der Größe dieses Gewächses sehr beeindruckt, sie ragt weit über unsere Köpfe hinweg.

Wir gehen weiter uns lassen uns treiben und bewundern die wunderschönen und großen Pflanzen und Bäume aus aller Welt.

Schließlich kommen wir in den Kamelien-Garten. Über 600 dieser Pflanzen sollen hier stehen. Viele davon sind leider schon verblüht, am Boden liegen unzählige verblühter Knospen.

Ich glaube, wenn ich hier auf der Insel wohnen würde, ich würde mir den Park häufiger anschauen: Je nach Jahreszeit verändert er sein Gesicht immer wieder aufs Neue.

Nach knapp zwei Stunden machen wir eine kurze Rast auf einem Bänkchen in einer Allee von etwa 100 Jahre alten Ginko-Bäumen und genieße die Ruhe hier im Park.

Nach der Rast geht es für uns weiter. Peter möchte auf jeden Fall noch ein Bad in dem Thermalbecken nehmen. Dieses ist nämlich der Mittelpunkt des Parks. Auch hier war es wieder Thomas Hickling der den Grundstein dafür gelegt hat, Vasco Bensaude hat es noch mit Steinmetzarbeiten versehen.

Auf dem Weg zum Thermalbecken kommen wir an einem See vorbei, der teilweise mit Seerosen bewachsen ist. Vom Grund des Sees steigen Gasblasen auf. Es sieht stellenweise so aus, als würde das Wasser kochen:

Das Thermalbecken wird von dem warmen roten Fluß gespeist, der eine beständige Temperatur zwischen 35 und 40° Celsius aufweist. Das Wasser enthält wertvolle Mineralien, Spurenelemente und weist einen hohen Gehalt an Eisen auf. Dadurch kommt auch seine ockergelbe Farbe zustande. Peter lässt es sich nicht nehmen und steigt in die warme Quelle, ich indes kann mich nicht dazu entscheiden. Die Lufttemperatur ist mir heute ein bisschen zu kalt für solch ein Experiment. Während sich Peter im „Teich“ aufhält sitze ich auf der Bank und beobachte die Mädels die aus dem Becken kommen und von Kopf bis Fuß frieren. Ich sehe mich in meiner Entscheidung bestätigt. Außerdem sehe ich noch zwei Enten. Diese schwimmen auch im Teich und haben schon eine rostbraune Farbe angenommen. Ich bin mal gespannt, ob Peter ähnlich gefärbt aus dem Wasser steigt?!??

Nach dem Bad – Peters Federn haben sich nicht verfärbt – machen wir uns auf dem Weg Richtung Dorf zu den Caldeiras, zu den dampfenden Quellen. Schon von weitem sehen wir, wie es am Ortsausgang aus der Erde dampft und riechen auch bald den impertinenten Schwefelgeruch.

Je näher wir kommen, hören wir die Erde unter uns brodeln. Wir werden mal wieder Zeugen der vulkanischen Tätigkeit unserer Erde. Es gibt insgesamt 23 heiße Quellen und Caldeiras. Die größte – Caldeira Grande – fördert 61 l Wasser pro Minute, sie hat eine Temperatur von 98°Celsius. Jede Quelle und Caldeira hat ihren eigenen Namen. Daraus gewonnenes Wasser oder Schlamm wird verschiedenen gesundheitlichen Gebrechen zugesprochen. Überall im Ort sind schöne Brunnen, aus welchen manchmal warmes, manchmal kaltes Wasser läuft. Von unserem Reiseführer wissen wir, dass man nur an ausgezeichneten Stellen von dem Wasser kosten soll. Peter hat an einem Brunnen gekostet und sagt: „Es schmeckt sehr sauer und rostig, wie aus einem alten rostigen Rohr.“

Wir laufen noch ein Stück des Weges aus dem Dorf raus, machen eine kurze Rast und überlegen uns, was wir mit der verbleibenden Zeit noch machen. Wir überschlagen kurz, wieviel Zeit wir noch haben, bis der Bus kommt, der uns zurückbringen wird. Wir vermuten, dass wir an der Bushaltestelle in der Nähe des Parks in den Bus steigen müssen. Das heißt, es bleibt noch Zeit im Dorf einen Galão zu trinken.

Anschließend machen wir uns auf den Weg zur Bushaltestelle und fragen, dort angekommen, zur Sicherheit im kleinen Supermarkt, in der Nähe der Bushaltestelle nach. Die Dame bestätigt uns: „Ja, der Bus hält immer hier.“ Irgendwie sind wir skeptisch, wir sind die einzigen, die hier warten. Wo sind all die anderen, die heute früh mit uns hier ausgestiegen sind? Sind die schon früher zurück? Und wenn ja, mit welchem Bus?!??? Direkt im Häuschen der Bushaltestelle sitzt eine junge Familie, ich gehe hin und frage sie, ob sie auch auf den Bus nach Ponta Delgada warten. Sie verneinen, sie würden sich nur ausruhen und auf ihr Taxi, dass sie zurück nach Ponta Delgada bringt, warten. Hm…?!???

Ich gehe zurück zu Peter, der indes gut die Straße im Blick hatte und einen anfahrenden Bus hätte anhalten können, und berichte ihm alles. Wir sind sehr verunsichert. In dem Moment sehen wir auch, dass ein Bus angefahren kommt. Peter hält ihn auf – das haben wir gelernt, das macht man hier so – aber der Busfahrer kurbelt nur die Scheibe nach unten, die Türe bleibt uns verschlossen. Er bestätigt uns auf Nachfrage, dass er nach Ponta Delgada fahren würde, aber dies hier sei die falsche Haltestelle, wir müssten zur Kirche ins Dorf. Ach herrje…

Wir rennen los, wir sind total durcheinander. Als wir die Kirche sehen, merken wir, wir sind genau in die entgegengesetzte Richtung gerannt… oh nein, er sagte doch: „die Kirche im Dorf.“

Na dann, schnell die andere Richtung einschlagen und ab zur Kirche im Dorf. Ich merke, wie mir die Luft ausgeht und ich keine Kraft mehr habe. Ich sage zu Peter: „Spring‘ ohne mich weiter, vielleicht kannst du ihn ja aufhalten, ich komme nach, ich finde den Weg.“ Peter winkt und ruft mir zu: „Ich werde ihn aufhalten und wenn ich mich notfalls vor die Räder werfe…“ Ich: „Nein, tu‘ das bitte nicht!!!!!“

Als ich die letzte Wegbiegung vor mir habe, sehe ich den Bus noch stehen und eine lange Schlange davor. Peter winkt mir. Yippie, ich habe es auch geschafft. Hier an der Kirche ist nämlich der zentrale Busbahnhof (Terminal De Autocarras), na gut, dann wissen wir das jetzt auch. Wir bezahlen, fallen in unsere Sitze und stellen mal wieder fest: Die Busfahrpläne hier verstehen wir einfach nicht…

Wir lassen uns über den Norden der Insel zurück nach Ponta Delgada und zu unserem schwimmenden Zuhause chauffieren.

Wenn auch zum Ende etwas hektisch und aufregend, war es mal wieder ein schöner eindrucksvoller Tag!

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