Werftzeit in Angra do Heroísmo

Eigentlich war der Plan, die Zeit auf dem Trockenen in Angra do Heroísmo damit zu nutzen, den vorderen Tank reinigen zu lassen und einen Riss im Skeg reparieren zu lassen, bevor wir nach Deutschland fliegen. Wenn wir wieder zurückgekommen wären, wollten wir das Antifouling neu auftragen. Aber wie so oft auf Booten, man kann viele Pläne machen, muss aber jederzeit bereit sein, alle Pläne über den Haufen zu werfen und neu zu planen. Dieses mal war es nicht das Wetter oder unvorhergesehene Arbeiten am Boot – es war unsere Corona-Infektion, die alles durcheinander gebracht hat.

Wir disponieren um. Ich steuere die Werft via WhatsApp aus der Achterkajüte fern, Claudia ersetzt mir Augen, Mund und Ohren. Ich bitte die Werftmitarbeiter zunächst mit den Arbeiten am Skeg zu beginnen – ins Schiff hinein können sie ja nicht, da liege ich mit der Corona-Infektion.

Am Skeg hatten wir ja, als wir 2020 aus dem Wasser gegangen sind, bereits einen Riss entdeckt. Der Skeg dient bei Sabir zum einen dem Schutz des Ruders, zum anderen ist dort auch das Ruder gelagert. Im Frühsommer 2021, bevor wir an die Algarve aufgebrochen sind, habe ich auf Porto Santo einen Werftmitarbeiter gebeten, den Riss zu reparieren. Diese Reparatur wurde jedoch – wie jetzt beim Kranen sichtbar geworden ist – nicht wirklich fachmännisch ausgeführt. Der Riss wurde nicht großflächig genug repariert und auch nicht mit Glasfasermatten, sondern nur mit Glasfaserspachtel. Somit konnte sich an der selben Stelle wieder ein Riss bilden. Dieses Mal wird die Firma Nautica (Nauticazores) hier in Angra die Arbeiten übernehmen. Paulinho, ein Mitarbeiter der Firma, wird sich darum kümmern.

Zunächst entfernt er die Spachtelmasse von 2021 – diese konnte er offenbar mit nur wenig Aufwand einfach herausbrechen. Danach schleift er so tief ins Laminat hinein, bis die Metallteile sichtbar werden, welche die Grundstruktur des Skegs bilden. Immer wieder bläst Paulinho Pressluft in das Laminat und immer wieder drückt Seewasser aus Rissen und Löchern hinaus. Er hört erst dann auf zu schleifen, als kein Wasser mehr im Rumpf enthalten ist.

Während unten am Boot geschliffen wird, müssen wir oben bei uns alle Luken dicht machen, sonst haben wir den Glasfaserstaub auf allen Oberflächen, in Nase, Augen und auf der Haut. Ihr erinnert Euch vielleicht an den vorigen Artikel: Wir haben im Schiff über 30 Grad Celsius und ich liege mit ziemlich hohem Fieber im Bett – es war nicht einfach…

Claudia macht von allen Arbeitsschritten Fotos, so dass ich – auch wenn ich nicht selbst unten bin – alles „im Blick“ habe. Wenn Paulinho Pause macht oder Feierabend hat, wage ich mich auch mal runter und schaue mir alles vor Ort an (ich muss ja auch mal auf die Toilette…).

Nachdem das schadhafte Laminat entfernt war, wird alles wieder Schicht um Schicht mit Glasfasermatten und Epoxidharz aufgebaut. Immer wieder muss alles aushärten, dann wird geschliffen und danach werden die nächsten Schichten aufgelegt. Beim Schleifen machen wir oben alle Luken dicht, wenn unten Ruhe herrscht, lassen wir wieder Luft herein. Irgendwann hat der Skeg wieder seine ursprüngliche Form und er hat nur noch wenige Unebenheiten zum umgebenden Laminat. Die obersten Schichten bestehen aus Spachtelmasse, mit der die letzten unebenen Stellen gefüllt und geglättet werden. Der Skeg ist wieder glatt wie ein Babypopo.

Wenn ich dann, wenn ich wieder gesund bin, das Antifouling aufgetragen haben werde, wird man von dem ursprünglichen Schaden und der Reparatur nichts mehr sehen.

Als Paulinho die letzten Arbeitsschritte am Skeg macht, ist meine Temperatur wieder normal und ich teste mich negativ auf Corona. Dennoch dauert es noch ein paar Tage, bevor ich mich fit genug fühle, um mit den Arbeiten am Unterwasserschiff zu beginnen.

Nachdem Claudia sich auch negativ getestet hat, lassen wir das Schiff noch ein, zwei Tage auslüften, dann bitten wir Nautica mit den Arbeiten am vorderen Dieseltank zu beginnen.

Auch diese Arbeiten wird hauptsächlich Paulinho ausführen. Wir räumen die Vorschiffkajüte komplett aus und ziehen vorübergehend in die Achterkajüte. Die Matratzen lagern wir im Salon. Das Vorschiff wird nahezu komplett mit Folie ausgekleidet, damit kein Diesel auf das Holz oder sonst irgendwohin tropfen oder laufen kann. Der Diesel, der sich noch im vorderen Tank befindet, wird mit einer Pumpe in große Fässer abgesaugt und von der Werft gefiltert. Wenn alles fertig ist, kommt der Teil, der noch zu gebrauchen ist, wieder in unseren sauberen Tank.

Ziemlich schnell wird deutlich, dass der Tank durch die einzige Öffnung – die des Gebers für die Tankanzeige – nicht gereinigt werden kann. Nachdem Paulinho eine erste Putzöffnung in den Tank geschnitten hat, wird sichtbar, dass im Tank Schwallbleche angebracht sind. Diese verhindern, dass sich der Diesel bei Rollbewegungen des Schiffs aufschaukeln kann und von einer Seite des Schiffes auf die andere schwappt.

Also müssen weitere Löcher in den Tank geschnitten werden. Das gefällt mir gar nicht: Jede Öffnung im Tank ist eine potentielle Undichtigkeit. Aber eine andere Möglichkeit sehe ich auch nicht. Dazu kommt auch noch, dass der Boden der Vorschiffkoje ausgeschnitten werden muss, damit man an die Stellen des Tanks kommt, an denen die zusätzlichen Löcher gesetzt werden sollen. Also wird die Vorschiffkajüte nun vollends mit Folie ausgeklebt und auch der Durchgang von der Kajüte zum Wasch- und Toilettenraum wird mit Folie weitestgehend verschlossen: Beim Aussägen des Bodens fällt wieder einmal Glasfaserstaub an und den wollen wir nicht im Schiff haben. Paulinho muss zu dem ersten bereits ausgeschnittenen Loch noch drei weitere schneiden, damit er mit Lappen und Reinigungsmitteln in alle Winkel des Tanks kommt.

Am Ende der Reinigung ist der Tank blitzeblank sauber:

Nun wird der Boden wieder eingesetzt und mit Glasfaser und Epoxy wieder eingeklebt. In den Boden werden über den Putzöffnungen des Tanks ebenfalls Löcher geschnitten, damit wir auch künftig an die Öffnungen herankommen. Als Paulinho mit den Arbeiten fertig ist, sieht man am GFK der Kajüte fast nicht, dass daran gearbeitet wurde – lediglich der Farbton der Farbe, mit der er alles gestrichen hat, stimmt nicht zu 100%. Mich stört die Platzierung der drei zusätzlichen Putzöffnungen – aber die sieht man ja nicht, wenn die Matratzen drauf liegen.

Während der ganzen Zeit, in der wir mit Paulinho zusammengearbeitet haben, haben wir uns mit dem Übersetzer von Google mit ihm unterhalten. Er spricht nur Portugiesisch und Claudia und ich verstehen und sprechen die Sprache nicht gut genug, als dass wir uns mit ihm unterhalten könnten.

Während Paulinho sich um den Tank kümmert, arbeite ich weiterhin am Unterwasserschiff. Nach dem Schleifen kommt das Füllern einzelner Stellen mit Epoxyspachtel. Diese Stellen werden dann noch mit Epoxy-Primer überstrichen. Zum Abschluss kommen wieder zwei Schichten Antifouling auf den Rumpf.

Auch am Saildrive wird Antifouling gestrichen. Außerdem habe ich die Opferanode am Saildrive erneuert.

Nachdem die Arbeiten im Vorschiff abgeschlossen sind, macht sich Claudia daran unsere Sabir innen einmal komplett abzuwaschen. Trotz der vielen Folie hat der Glasfaserstaub jede Möglichkeit genutzt, sich gleichmäßig in unserem Schiff zu verteilen.

Als Claudia mit dem Säubern fertig ist, können wir die Vorschiffkajüte wieder einräumen und auch wieder in unseren Betten vorne schlafen.

Fast wie neu!

Die hier beschriebenen Arbeiten haben ca. 3 Wochen Zeit benötigt. Wir haben für die Arbeiten von Nautica einiges an Geld bezahlen müssen – auch wenn die Lohnkosten hier auf den Azoren im Vergleich zu anderswo relativ gering sind. Aber wir haben nun wieder ein gutes Gefühl, was den Skeg und den Dieseltank angeht. Außerdem ist Sabir wieder für ein Jahr gegen Bewuchs geschützt.

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