Wo der Horizont den Himmel küsst

Meine zwei Segeljungs haben ja die Tage und Erlebnisse vor und während der Überfahrt beschrieben. Heute versuche ich mal meine Gedanken und Gefühle in Worte zu fassen:

Jetzt gibt es also kein Zurück mehr, es liegen knapp 500 sm vor uns und eine meiner größten Sorge war, wie es sich wohl anfühlen wird, kein Land mehr sehen. Die ersten zwei Stunden habe ich immer wieder einen Blick zurück geworfen um mich zu vergewissern, dass noch Land zu sehen ist. Irgendwann war dann auch der kleinste Zipfel vom Horizont verschluckt. Jetzt war also der Zeitpunkt, wo rund um uns nur noch Wasser, Wellen, Wind und Wolken waren. Egal wohin mein Blick ging, er endete dort, wo der Horizont den Himmel küsst. Und was soll ich sagen, so schlimm war es gar nicht, was mir aber gleichzeitig klar wurde: Nun wird es auch keine Umkehr mehr geben und die Möglichkeit mal kurz rechts ranzufahren und auszusteigen gibt es auch nicht.

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Tag 4: Ankunft auf Porto Santo

Die letzten Meilen ziehen sich. Das Ziel vor Augen vergeht die Zeit irgendwie langsamer. Gut, inzwischen haben wir auch weniger Wind, sprich: Wir segeln langsamer. Wir sind aber trotzdem immer noch mit ca. 5kn unterwegs.

Um uns herum ist es heute ziemlich dunkel und so sehen wir zum ersten Mal auf dieser Passage das Meeresleuchten. Es entsteht wenn Sabirs Rumpf das Meer durchpflügt und dabei bei Mikroorganismen, die im Meer leben, einen Berührungsimpuls auslöst. Diese Mikroorganismen senden dabei einen Lichtimpuls aus und die Welle, die wir aufgeworfen haben, schillert blau-grünlich. Als Martina vor ein paar Tagen bei Culatra nachts die Toilette abgepumpt hatte, gab es tatsächlich Meeresleuchten in der Kloschüssel. Ihr überraschter Ausruf war: „Kommt schnell, hier ist Meeres-Glühwürmchen-Feuerwerk“.

Vor Porto Santo fängt es dann an wieder spannender zu werden. Man muss gut Ausschau halten, ob eventuell Positionslichter eines Fischers zu erkennen sind. Die kleinen Fischer haben kein AIS und werden uns also auf unseren Instrumenten nicht angezeigt.

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Tag 4: Ganz schön flott + Motorproblem

Nach einer ereignislosen Nacht sitzen wir drei gemeinsam im Cockpit und frühstücken. Unser letzter Tag auf See, bevor wir Porto Santo erreichen beginnt. Er scheint schön und sonnig zu werden.

Der kräftige Wind und die hohen Wellen sind geblieben. Wir haben immer noch im Mittel ungefähr 28kn. In Böen geht es hoch auf 36kn. Irgendwie haben wir uns inzwischen daran gewöhnt und es macht uns einen riesigen Spaß zu beobachten, wie schnell Sabir bei diesen Bedingungen unterwegs ist. Wir sind immer wieder beeindruckt, was für Wellen hinter uns angerollt kommen, die sich zuerst hinter uns auftürmen, unser Heck anheben und uns dann mit auf „Talfahrt“ nehmen. Sabir beschleunigt auf dem Weg ins Wellental regelmäßig auf ungefähr 7,5kn. Die Welle rollt unter uns hindurch und wir müssen „bergauf“ fahren. Aber auch da werden wir nicht viel langsamer als 5,5kn – 6kn. Es ist ein wahrer Genuss so unterwegs zu sein.

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Tag 3: Die will doch nur spielen…

Gegen 14:30 Uhr holt mich Christoph nach oben. Er beobachtet einen Kontakt auf dem AIS, der sich genau so verhält, wie man es als Segler überhaupt nicht haben möchte:

Wir bekommen als CPA, dem Punkt der geringsten Annäherung, Werte unter 100m angezeigt und das schon seit einer Viertelstunde. Als Christoph mich ruft, sind es noch etwas mehr als 5 Minuten, bis es zu einer Kollision kommt – wenn niemand ausweicht. Wir als Segelboot sind laut der international geltenden Kollisionsverhütungsregeln „kurshaltepflichtig“, dürfen also eigentlich nicht ausweichen, der gigantische Frachter „Laetizia Oetker“, der gerade auf uns zuhält ist „ausweichpflichtig“. Wir dürfen erst im „vorletzten Augenblick“ (also gerade noch rechtzeitig, bevor etwas passiert) reagieren und selbst ausweichen.

Sehen die uns nicht? Das kann doch fast nicht sein. Bislang hat jedes andere Schiff, dem wir begegnet sind immer einen größeren Abstand gehabt – oder zumindest hat irgendwann der Abstand zugenommen, weil es seinen Kurs geändert hat und hinter uns durch gegangen ist. Das tut es aber hier nicht.

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Tag 2: Christophs Nachtwache

Es ist Mittwoch, der 29.09.2021 irgendwann gegen 3:45 Uhr und mein Wecker holt mich unsanft aus dem Schlaf. Nicht dass man bei einer Windstärke von 6 – 7 Beaufort und der entsprechenden Atlantikwelle so tief und fest schlafen würde wie im heimischen Bett, aber dennoch ist es eine ungewöhnliche Zeit, um aufzustehen. Und der Blick auf den Wachplan, der keinen Verhandlungsspielraum bietet, bestätigt es: ich muss ran.

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Tag 2: Die Nacht beginnt turbulent…

Nach dem Erlebnis mit der Bob Barker lege ich mich schlafen, damit ich um 1:00 Uhr meine Nachtwache antreten kann. Im Halbschlaf bekomme ich mit, dass unser Vorsegel immer wieder mal schlägt. Mein müder Blick nach oben ins Cockpit wird von Christoph mit einem „der Windpilot übersteuert immer mal wieder“ quittiert. Der Zusatz „aber er fängt sich selbst“ lässt mich weiterschlafen.

Irgendwann werde ich aber doch unruhig, das Schlagen des Segels kommt immer häufiger und dauert länger an. Inzwischen ist Claudias Wache von 22:00 Uhr bis 1:00 Uhr. Claudia weckt mich, da wir in der Zwischenzeit immer häufiger und länger in den Wind drehen. Ich stehe auf, ziehe Ölzeug und Schwimmweste an und gehe hoch zu ihr.

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Tag 2: M/Y Bob Barker

Kurz vor Ende meiner Wache um 18:00 Uhr mache ich noch einmal den routinemäßigen Blick auf das AIS und kann kaum glauben, was ich dort sehe. Auf dem Bildschirm ist ein Schiff zu sehen, das vor uns unterwegs ist. Der Name des Schiffes ist „M/Y Bob Barker“.

Sofort glaube ich zu wissen, welche „Bob Barker“ dort unseren Weg kreuzt. Ich bin völlig aus dem Häuschen: Sollte es wirklich möglich sein, dass wir so weit draußen auf dem Atlantik ausgerechnet auf das Sea Shepherd Schiff „Bob Barker“ treffen?

Noch ist es viel zu weit entfernt, um das Schiff mit dem Fernglas erkennen und identifizieren zu können.

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Christoph kommt

Wir machen uns am 23.09. gegen 12:30 Uhr auf den Weg zur Fähre, die uns von Culatra nach Olhão bringen wird. Dort werden wir unseren nächsten Gast, Christoph, willkommen heißen. Für uns ist die Fahrt nun schon irgendwie zur Gewohnheit geworden und wie wir finden, ist es für unsere Gäste eine schöne Anreise, denn man kommt langsam auf Sabir an.

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